Doch im Fokus eines Ampelsignals sollte ja eigentlich nicht die die Beliebtheit stehen, sondern seine Effektivität als Vermittler von Botschaften. 3.606 Tote und 384.100 Verletzte im Straßenverkehr im Jahr 2012 zeigen, dass es hier noch Verbesserungsbedarf gibt. Aber hat die Form des Ampelmännchens in diesem Zusammenhang denn überhaupt eine Bedeutung? Die Forscher um Claudia Peschke von der Jacobs Universität Bremen sind dieser Frage nun gezielt nachgegangen.
Ampelmänner treten gegeneinander an
Um herauszufinden, wie Studienteilnehmer auf die unterschiedlichen Ampelmännchen reagieren, nutzten die Wissenschaftler einen bekannten psychologischen Effekt den sogenannten “Stroop-Effekt”. Er beschreibt das Phänomen, dass Versuchspersonen typischerweise langsamer auf ein Objekt reagieren, wenn dieses Aspekte besitzt, die miteinander in Konflikt stehen beispielsweise wenn das geschriebene Wort Rot eine grüne Farbe besitzt. Dementsprechend wurden den Probanden Ost- und West-Ampelmännchen in ihrer normalen, übereinstimmenden Form – grün = gehen, rot = stehen-, oder aber in einer nicht übereinstimmenden Version – rot= gehen, grün = stehen- präsentiert. Die Probanden sollten dabei entweder auf die Botschaft der Farbe oder aber der Gestalt der Symbole reagieren und mittels Knopfdruck so schnell wie möglich die jeweilige Bedeutung gehen oder stehen anzeigen.
Die Ergebnisse zeigten, dass sich die Versuchspersonen in der Farb-Aufgabe stärker durch die nicht übereinstimmende Gestalt der Ost-Ampelmännchen als die der West-Ampelmännchen irritieren ließen. Die Probanden waren außerdem bei den Ost-Ampelmännchen weniger abgelenkt, wenn sie auf die Gestalt der Zeichen reagieren und deren falsche Farbe ignorieren sollten. Unterm Strich reagierten die Versuchspersonen generell schneller auf das Ost- als auf das West-Ampelmännchen, zeigten die Auswertungen. Diese Ergebnisse legen nahe, dass die Gestalt der Ost-Ampelmännchen visuell prägnanter und damit in der Funktion als Verkehrszeichen wirksamer ist als die ihrer westdeutschen Kollegen. Seitwärts ausgestreckte Arme und der dynamische Gang des Ost-Ampelmännchens vermitteln offenbar stärker die Botschaft stehen beziehungsweise gehen als die Silhouette des West-Ampelmännchens.
Unsere Ergebnisse zeigen, dass das Ost-Ampelmännchen nicht nur eine Ikone der Ostalgie ist, sondern bei der Signalwahrnehmung tatsächlich einen leichten Vorsprung gegenüber dem West-Ampelmännchen hat, resümiert Peschke. Sie würde sich deshalb freuen, noch mehr Ost-Ampelmännchen auf deutschen Straßen zu sehen. Selbst wenn das Ost-Männchen auch nur einen Fußgänger mehr vor dem Verkehrstod bewahrt als sein westlicher Kollege, wäre das doch ein großer Erfolg.