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Neues vom geheimnisvollen Cousin des Neandertalers

Geschichte|Archäologie

Neues vom geheimnisvollen Cousin des Neandertalers
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Der entdeckte Teil des Fingerknochens eines Denisova-Menschen. Image courtesy of Max Planck Institute for Evolutionary Anthropology
Ein internationales Forscherteam hat mit einer neuen Methode das Erbgut des Denisova-Menschen in besserer Qualität rekonstruiert als bisher. Die Analysen zeigen, dass diese archaische Menschenform im Vergleich zum modernen Menschen eine sehr geringe genetische Vielfalt aufwies. Obwohl sie weite Teile Asiens besiedelte, scheint ihre Population nie für lange Zeit groß gewesen zu sein, schlussfolgern die Anthropologen. Sie stießen auch auf genetische Besonderheiten, durch die sich der moderne Mensch von seinen archaischen Verwandten unterscheidet. Einige betreffen Gene, die mit Hirnfunktionen in Verbindung stehen. Außerdem lieferten die Erbgutanalysen Informationen über das Aussehen der Denisovaner: Sie hatten offenbar Gene für dunkle Haut, Haare und Augen, berichten Svante Pääbo vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig und seine Kollegen.

Bereits seit 2010 gilt der Denisova-Mensch als die erste Menschenform, die ausschließlich anhand ihrer Erbinformation identifiziert wurde ? und nicht, wie üblich, durch Eigenschaften fossiler Skelettteile, denn von ihnen wurden bislang nur zwei Backenzähne und der Teil eines Fingerknochens gefunden. Im Jahr 2010 hatten Pääbo und seine Mitarbeiter DNA sequenziert, die sie aus diesem Knochenfragment aus der Denisova-Höhle in Südsibirien gewinnen konnten. Die Analysen ergaben, dass der Knochen einem Mädchen gehörte, das eine bislang unbekannte Menschenform repräsentierte. Die Forscher nannten sie Denisova-Mensch.

Mithilfe einer neuen Methode konnten sie nun die genetischen Informationen enorm verfeinern. Bei diesem Verfahren teilt man die DNA-Doppelhelix in ihre zwei Einzelstränge auf und macht dabei beide Stränge der Sequenzierung zugänglich. So konnten die Forscher jede Base im Genom etwa 30-Mal ablesen. ?Nie zuvor wurde das Genom einer ausgestorbenen Lebensform in so hoher Qualität sequenziert?, sagt Erstautor Matthias Meyer vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig. Der erneute Vergleich des Genoms mit dem Erbgut von Neandertalern und von heute lebenden Menschen bestätigte eine frühere Studie, wonach die Denisovaner DNA-Sequenzen mit heute auf südostasiatischen Inseln lebenden Menschen teilen. Sie haben also genetisches Erbe in modernen Menschen hinterlassen.

Die nun möglichen Detailanalysen des Genoms ergaben, dass die genetische Vielfalt der Denisova-Menschen sehr gering war, was allerdings nicht auf Inzucht beruhte. Ursache war dagegen wohl eher, dass ihre Population anfänglich recht klein war, dann aber schnell anwuchs und sich dabei über ein großes geographisches Gebiet ausbreitete, ohne dass genug Zeit für eine gleichzeitige Zunahme der genetischen Diversität vorlag. ?Falls die zukünftige Erforschung des Neandertalergenoms zeigt, dass sich die Neandertaler-Population im Laufe der Zeit auf ähnliche Art und Weise verändert hat wie die der Denisova-Menschen, wäre dies ein deutliches Indiz dafür, dass eine einzige Menschgruppe nach ihrer Auswanderung aus Afrika sowohl den Denisova-Menschen als auch den Neandertaler hervorgebracht hat?, sagt Svante Pääbo.

Die Forscher erstellten aus ihren Analysen außerdem einen Katalog von etwa 100.000 genetischen Besonderheiten, die den Denisova-Menschen von uns unterschieden. Einige betreffen Gene, die mit Gehirnfunktionen und der Entwicklung des Nervensystems in Verbindung stehen, berichten sie. ?Unsere Forschung wird dabei helfen herauszufinden, wie es dazu kam, dass moderne Menschen und ihre komplexe Kultur sich soweit verbreiten konnten, während archaische Formen nach und nach ausstarben?, so Pääbo. An der entsprechenden Spurensuche im Erbgut kann sich nun jeder beteiligen: Bereits Anfang dieses Jahres hatte das Leipziger Forscherteam die gesamte Genomsequenz des Denisova-Menschen der Öffentlichkeit über das Internet zugänglich gemacht.

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Matthias Meyer (Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig) et al.: Science, DOI: 10.1126/science.1224344 © wissenschaft.de ? Martin Vieweg
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