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Fußspuren belegen Steinzeiterkundung

Geschichte|Archäologie

Fußspuren belegen Steinzeiterkundung
14.000 Jahre alte Fußabdrücke von Menschen in der Bàsura-Höhle bei Toirano an der ligurischen Küste (Bild: Marco Avanzini)

Aus vielen Höhlen Europas kennen Forscher Fußspuren steinzeitlicher Besucher. Eine Vielzahl solcher Abdrücke haben sich auch in der Bàsura-Höhle erhalten, die sich nahe der Gemeinde Toirano in der nordwestitalienischen Region Ligurien befindet. Das Höhlensystem wurde 1950 entdeckt, als ein Stalagmit zerbrach, der den Zugang ins tiefe Innere der Höhle versperrte. Seither haben Forscher einen Teil der Spuren untersucht, doch erst vor Kurzem hat eine Gruppe alle Fußspuren dokumentiert und ausgewertet. Sie rekonstruierten nun, wie die Besucher die unwegsame Höhle  einst erkundeten und dass auch kleine Kinder unter ihnen waren.

Die Bàsura-Höhle nahe der ligurischen Gemeinde Toirano reicht 890 Meter weit in den Untergrund. Forschern ist sie schon länger aufgrund zahlreicher steinzeitlicher Fußspuren bekannt. Nun hat eine Forschergruppe um den italienischen Geologen und Paläontologen Marco Romano von der University of Witwatersrand darin alle erhaltenen Spuren untersucht. Sie haben die Abdrücke vor allem per Laserscan und Photogrammetrie vermessen. „Mit unserer Studie wollten wir feststellen, wie frühere Menschen dieses faszinierende Höhlensystem erkundet haben“, erklärt Romano. „Insbesondere wollten wir herausfinden, wie viele Personen die Höhle betreten hatten, ob sie diese einzeln oder in der Gruppe erforschten, wie alt sie waren (…) und welche Route sie im Höhleninneren eingeschlagen hatten.“

In den lehmreichen Sedimentschichten des Höhlenbodens dokumentierten Romano und seine Kollegen insgesamt 180 Fußspuren, ebenso Finger- und Handabdrücke. Zu den Abdrücken gehören auch Fährten von Caniden, hundeartigen Tieren, die sich in nächster Nähe der menschlichen Spuren befinden. Zudem steckten in einigen Fußabdrücken Holzkohlereste. Eine C14- Datierung der Stücke ergab ein Alter zwischen 14.000 und 14.700 Jahren. Das entspricht dem späten Paläolithikum. Bei den Steinzeit-Besuchern dürfte es sich demnach um Jäger und Sammler gehandelt haben.

Rekonstruktion der Route der steinzeitlichen “Höhlenforscher” (Bild: Isabella Salvador and Marco Avanzini)

Aus der Größe und Form der Abdrücke schlossen die Forscher die Zahl, das Gewicht und das Alter der Personen. Ihres Erachtens hatten fünf Menschen die Höhle barfuß betreten: zwei Erwachsene, ein älteres Kind – schätzungsweise elf Jahre alt – und zwei jüngere Kinder, ungefähr sechs und drei Jahre alt. Alle fünf, das entnehmen die Forscher den Abdrücken, dürften von muskulöser und schlanker Gestalt gewesen sein. Dass die kleine Gruppe gemeinsam in der Höhle unterwegs war, schließen die Forscher daraus, dass jeder der fünf in und über die Spuren des anderen getreten war. Licht spendeten vermutlich entzündete Kiefern-Äste, wie eine Analyse der Holzkohlereste erbrachte. Die Fackeln hinterließen auch Rußspuren an den Wänden.

Ihr Augenmerk richteten die Wissenschaftler vor allem auf die letzte Höhlenkammer, die sogenannte „Sala di misteri“, und wie die Gruppe dorthin gelangte. Der hinterste Höhlenabschnitt ist über zwei Korridore erreichbar. Offenbar hatten sich die fünf zunächst durch den niedrigeren, circa 80 Zentimeter hohen Zugang fortbewegt. Den Spuren zufolge liefen sie gebeugt oder auf allen Vieren. Abdrücke von blanken Knien legen nahe, dass ihre Beine unbekleidet waren. Anschließend schritt die Gruppe durch eine flache Wasserstelle und erreichte schließlich die „Sala di misteri“. Dort sammelten die drei Kinder Lehm vom Boden und verteilten ihn auf einem Stalagmit, der abgebrochen an der Wand lehnte. Danach verließen die fünf die Kammer und kehrten über den zweiten, leichter begehbaren Korridor zurück zum Ausgang der Höhle. Die Forscher interpretieren die Spuren in der „Sala di misteri“ als Zeugnis symbolischer Handlungen. Ebenso betonen sie: „Unsere Studie bestätigt, dass sehr junge Kinder an den Aktivitäten spätpaläolithischer Gruppen teilgenommen haben, sogar an offenbar gefährlichen Unternehmungen wie die Tiefenerforschung einer Höhlenumgebung, die nur von Fackeln erhellt war.“ Warum die Fünfer-Gruppe die Höhle überhaupt betreten hatte, können Romano und sein Team nicht sicher nachweisen. Als Motivation vermuten sie aber schlicht „menschliche Neugier“.

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Quelle: M. Romano et al., Traces of crawling in Italian cave give clues to ancient humans’ social behaviour, eLife Mai 2019

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