So schränkten viele Betriebe Anfang der 90er Jahre nach dem Ende des Wiedervereinigungsbooms ihre Ausbildung ein. Ingenieure und Informatiker wurden nur noch selten eingestellt. Durch die schwindende Personalnachfrage seitens der Industrie ging die Zahl der Studienanfänger in den Bereichen Informatik, Elektrotechnik und Maschinenbau um mehr als die Hälfte zurück. Als die Konjunktur wieder anzog, fehlten der deutschen Exportindustrie die Fachkräfte.
Studenten für das Lehramt schreckte die “Lehrerschwemme”. Hochschulabsolventen hatten auch mit guten Noten Probleme, eine Stelle zu finden. Heute fehlen Pädagogen vor allem für die Fächer Mathematik, Naturwissenschaften und Sprachen. “Der Mangel an Kontinuität im bisherigen Ausbildungsverhalten der Wirtschaft wie des Staates ist standortgefährdend”, kritisiert der Arbeitsmarktforscher Gerhard Bosch vom IAT. Über demographische Schwankungen und wirtschaftliche Krisen hinweg müsse nach neuen Formen der Stetigkeit in der Aus- und Fortbildung gesucht werden, um “Schweinezyklen” künftig vorbeugen zu können.
Fehlten in einem Unternehmen qualifizierte Kräfte, so sprangen bislang meist die Mitarbeiter in die Bresche, so die Studie. Doch längere Arbeitszeiten und Überstunden lassen sich nicht beliebig ausdehnen: “Einige Arbeitsmarktpuffer sind längst ausgereizt. So wird sich die Arbeitszeit der Hochqualifizierten in Deutschland kaum noch steigern lassen”, erklärt Bosch. Generell wird der Bedarf an qualifizierten Fachkräften wachsen: “Ob es zu einem Fachkräftemangel kommt, hängt sehr stark von den Ausbildungszahlen und der Modernität des Ausbildungssystems ab”, so Bosch. Die Chancen für Arbeitskräfte mit geringer Qualifikation seien schlecht, auch wenn einfache Tätigkeiten weiterhin gefragt blieben.