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Eine neue Denisova-Chronik

Geschichte|Archäologie

Eine neue Denisova-Chronik
Denisova-Höhle
Eine Höhle im Altai-Gebirge: Von hier stammen die Denisova-Funde. (Bild: Richard Roberts)

Die Denisova-Menschen geben der Wissenschaft noch immer Rätsel auf: Wer waren diese ausgestorbenen Verwandten des Homo sapiens – und wann lebten sie? Um diese Frage genauer beantworten zu können, haben Forscher nun Fossilien dieser Menschenart neu datiert. Ihre Ergebnisse erlauben nicht nur detailliertere Rückschlüsse darüber, wann die Denisova-Menschen das Altai-Gebirge in Sibirien besiedelten. Sie zeigen auch, wann diese dort auf die Neandertaler trafen – und sich mit ihnen paarten.

Ähnlich wie der Neandertaler ist der Denisova-Mensch ein ausgestorbener “Vetter” des Homo sapiens. Von seiner Existenz zeugen heute nur noch ein paar Fragmente von Knochen und Zähnen, die Forscher in einer Höhle im sibirischen Altai-Gebirge gefunden haben. Dort traf diese Menschenart offenbar auch auf unseren anderen Verwandten, wie die Analyse eines Fingerknochens aus der Denisova-Höhle kürzlich eindrücklich zeigte: Er gehörte der Tochter einer Neandertalerin und eines Denisova-Mannes. Wann genau aber lebten die beiden Spezies in der Höhle und wann begegneten sie sich dort? Diese Frage konnten Wissenschaftler bisher nur ungefähr beantworten, weil sich die Datierung der Fossilien und Artefakte aus der Höhle als schwierig erwies – bis jetzt.

Wann trafen sie sich?

Gleich zwei Forscherteams ist dank neuer Datierungsmethoden nun eine genauere Eingrenzung des fraglichen Zeitrahmens gelungen. Zenobia Jacobs von der University of Wollongong in Australien und ihre Kollegen analysierten dafür Sedimentschichten aus der Höhle mithilfe der sogenannten optisch-stimulierten Lumineszenz (OSL). Dieses Verfahren erlaubt Rückschlüsse darüber, wann bestimmte Mineral-Körnchen wie Quarz zuletzt dem Sonnenlicht ausgesetzt waren. Anhand dieser Daten rekonstruierten die Wissenschaftler, wann die Funde im Sediment abgelagert wurden. Das Ergebnis: Den Daten zufolge bewohnten die Denisova-Menschen die Höhle bereits vor rund 287.000 Jahren und verschwanden vor circa 55.000 Jahren. Die Neandertaler waren vor 193.000 und 97.000 Jahren gleichzeitig anwesend.

Diese Zahlen passen gut zu den Erkenntnissen des Teams um Katerina Douka vom Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte in Jena, das Radiokarbonanalysen von Knochen, Zähnen und Holzkohle vorgenommen hat. Sie datieren das älteste Denisova-Fossil auf rund 195.000 Jahre, das jüngste auf etwa 76.000 bis 52.000 Jahre. In der Höhle gefundene Knochenspitzen und Zahnanhänger sind den Untersuchungen zufolge sogar noch jünger: etwa 49.000 bis 43.000 Jahre. Ob diese Artefakte allerdings tatsächlich das Werk von Denisova-Künstlern sind, ist nicht sicher. Für die Neandertaler kommen die Forscher ebenfalls auf ähnliche Ergebnisse wie Jacobs und ihre Kollegen. Demnach sind alle Neandertaler-Fossilien zwischen 140.000 und 80.000 Jahre alt. Das gilt auch für “Denisova 11” – das Hybrid-Mädchen.

Der Neandertaler ging früher

Die neuen Datierungen bestätigen nun, dass der Neandertaler früher aus dem Altai-Gebirge verschwand als der Denisova-Mensch. Womöglich könnte sein Verschwinden mit klimatischen Veränderungen zu tun gehabt haben, wie die Wissenschaftler spekulieren. So stammen die meisten Belege für die Anwesenheit von Neandertalern aus dem letzten Interglazial, als das Klima vergleichsweise warm war. Die Denisova-Menschen scheinen dagegen besser gegen niedrigere Temperaturen gewappnet gewesen zu sein: Sie überlebten bedeutend kältere Zeiten, bevor sie schließlich ebenfalls verschwanden.

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Die neue Chronologie für die Denisova-Höhle könnte in Zukunft als Orientierungsrahmen für weitere Forschung zur Geschichte unserer ausgestorbenen “Vettern” dienen. “Obwohl es noch einige Unsicherheiten in Bezug auf das genaue Alter einiger Funde geben mag, ist das allgemeine Bild nun klar”, schreibt Robin Dennell von der University of Exeter in einem Kommentar zu den nun veröffentlichten Daten. “Während unsere Studien einige Geheimnisse der Denisova-Höhle gelüftet haben, bleiben noch viele spannende Fragen, die erst künftige Untersuchungen und Entdeckungen beantworten können”, schließt Richard Roberts von der University of Wollongong, Co-Autor beider Veröffentlichungen.

Quelle: Zenobia Jacobs (University of Wollongong, Australien) et al., Nature, doi: 10.1038/s41586-018-0843-2 und Katerina Douka (Max-Planck-Institut für Menschheitsgeschichte, Jena) et al., Nature, doi: 10.1038/s41586-018-0870-z

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