Über Tierversuche könne man nicht vernünftig diskutieren, ist ein Argument, das man in Fachkreisen manchmal hört. Es wird tatsächlich schnell emotional, denn das Schicksal der Tiere berührt uns. Wenn Psychologen die geistigen Leistungen von Kleinkindern und Menschenaffen vergleichen, dann fällt ihnen immer wieder auf, wie geschickt, sozial und erfindungsreich unsere nächsten Verwandten sind. Sie lösen die Aufgaben im Experiment zwar manchmal anders, als es die Versuchsleiter geplant hatten: Um eine Erdnuss aus einem Reagenzglas zu fischen, nutzen sie zum Beispiel keine Stöckchen, sondern spucken Wasser hinein ( wie in diesem Video zu sehen). Aber das macht ihre Leistungen erst recht beeindruckend. Sollte man Menschenaffen daher nicht wie kleine Menschen behandeln?, fragt nicht nur das Great Ape Project.
Aber man kann durchaus sachlich darüber sprechen und schreiben. Den Hintergrund der Tierversuche zu erklären, versuchen derzeit zwei Initiativen: www.tierversuche-verstehen.de von den großen deutschen Forschungsorganisationen und www.pro-test-deutschland.de, ein Portal, das vor allem von jungen Wissenschaftlern getragen wird. Einer der jungen Forscher hat einen Vortrag der berühmten Primatenforscherin Jane Goodall in Tübingen besucht und prüft nun ihre Argumente gegen Tierversuche. Auch er wird emotional, schreibt aber offen über seine Gefühle.
Nutzlose oder ersetzbare Versuche?
In ihrem Vortrag soll Goodall von einer Untersuchung in den USA berichtet haben, wo zuletzt medizinische Experimente an Schimpansen noch erlaubt waren (in Deutschland sind sie zwar nicht verboten, werden aber seit 1991 nicht mehr unternommen). Die Untersuchung habe ergeben, soll Goodall gesagt haben, dass keines der Experimente an Schimpansen dem Menschen genutzt habe. So wird Goodall auch in einer Pressemitteilung des Jane Goodall-Instituts zitiert. Doch die Gutachter hielten damals fest, dass Schimpansen in der Vergangenheit durchaus als Versuchstiere sinnvoll waren, heute aber nicht mehr benötigt werden. Das ist nicht dasselbe.
Und dann soll Goodall bestritten haben, dass Affen in der Erforschung des Polio-Impfstoffs eine Rolle gespielt hätten. Die Versuche an Rhesusaffen in den 1950er-Jahren werden oft als positives Beispiel für den Nutzen von Tierversuchen hervorgehoben. Nach dem Vortrag wandte sich die Universität Tübingen übrigens in einer Stellungnahme gegen Goodalls Position.