Im Jahr 1891 machte der niederländische Anthropologe Eugène Dubois im Ort Trinil auf der indonesischen Insel Java eine aufregende Entdeckung: Er grub Knochen eines Vorfahren des anatomisch modernen Menschen aus – des Homo erectus, der vor rund zwei Millionen Jahren in Afrika und später auch in Europa und Asien lebte. Die Überreste des “Java-Menschen” sorgten für Aufsehen. Ein Haufen von etwa 200 Muschelschalen am Fundort dagegen wurde nicht weiter beachtet und im Magazin eines Museums gelagert, zuletzt im niederländischen Leiden.
Erst im Jahr 2007 nahm die Archäologin Josephine Joordens die Muscheln genauer unter die Lupe und entdeckte Erstaunliches. Auf einer der Schalen waren Zickzack-Linien eingekerbt, die nicht natürlichen Ursprungs zu sein schienen. Aufwendige Untersuchungen ergaben: Die Muschelschalen sind zwischen 430 000 und 540 000 Jahre alt, stammen also aus der Zeit des Homo erectus. Haben der Java-Mensch und seine Zeitgenossen tatsächlich schon Kunstwerke erschaffen?
Kunstwerk oder Zufall?
Seit der Datierung der Muschelschalen ist ein Streit unter Archäologen entbrannt: Einige Forscher bezweifeln, dass der Java-Mensch die Verzierungen absichtlich gemacht und als Kunst verstanden hat. Es könnte sich auch um ein Zufallsprodukt handeln. Außerdem gibt es so gut wie keine Funde, die zeigen, wie sich das Kunstschaffen in den Hunderttausenden von Jahren dazwischen entwickelte. Dagegen argumentieren Joordens und ihre Kollegen, dass das Anbringen der Muster einiges an Geschick erfordert habe.
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