Das Museum für Vor- und Frühgeschichte in Berlin hat Platz geschaffen – für Exponate, die seit Jahrzehnten im Magazin oder bis zur Wende im Ostteil der Stadt lagerten. Die Stein- und Bronzezeit ist bereits im August 2003 in die renovierten Räume eingezogen, jetzt folgen die Eisenzeit und die Epochen bis ins Mittelalter. Außerdem zu sehen: Schliemanns Troja, archäologische Funde aus Zypern und dem Kaukasus und ein Raum mit Goldgegenständen aus der Bronzezeit.
Wer den goldenen Hut besaß, der hatte die Macht, die Zeit zu bestimmen. Denn auf ihm war das astronomische Wissen der Bronzezeit dargestellt – verschlüsselt durch Kreise und Linien. Wer diese Zeichen lesen konnte, der wusste, wann Aussaat und Ernte bevorstanden, Sonne- und Mondphasen einsetzten und bestimmte Festtage wiederkehrten. Heute gibt es noch vier solcher Zauberhüte, die wahrscheinlich im Besitz von Herrschern, Priestern oder Magiern waren: Sie stammen aus Avanton bei Poitiers, aus Schifferstadt bei Speyer, aus Ezelsdorf-Buch nahe Nürnberg und aus Berlin – zu sehen im Museum für Vor- und Frühgeschichte. Der Berliner Hut wurde 1996 an das Museum verkauft – für 1,5 Millionen Mark. Wo und unter welchen Umständen er gefunden wurde, ist unbekannt, doch Machart und Vergleichsfunde lassen vermuten, dass er aus dem nördlichen Alpenvorland stammt. Sein Alter: 3000 Jahre.
Das wohl wichtigste Geheimnis aber konnte Prof. Wilfried Menghin, der Direktor des Berliner Museums für Vor- und Frühgeschichte, dem 74,5 Zentimeter hohen und 450 Gramm schweren Hut (heutige Größe 56) entlocken: die Bedeutung der eingravierten Zeichen. Die eingedrückten Kreise stellen je einen Tag dar. Wenn man die Ringe gleicher Muster addiert, ergibt sich mehrmals die Summe 354 beziehungsweise 365 – die Dauer eines Mond- beziehungsweise Sonnenjahres. Zählt man alle Zeichen zusammen – insgesamt sind es 1739 –, ergibt sich ein lunisolares Kalenderwerk von 57 Monaten. Diese Zahl multipliziert mit 4 – den Schaltjahren – ergibt 228 Sonnenmonate. Sie entsprechen den auf dem Goldhut ebenfalls auffindbaren 235 synodischen Monaten und damit einem Mondzyklus von 19 Jahren. Menghins Entdeckung hat das Bild der barbarischen bronzezeitlichen Stämme zurecht gerückt. Denn: Über 500 Jahre, bevor der Gelehrte Meton von Athen 432 v.Chr. den 19-jährigen Mondzyklus astronomisch berechnete, war der in Mitteleuropa bereits bekannt. Redaktion: Bettina Gartner
Museum für Vor- und Frühgeschichte Berlin
Schloss Charlottenburg, Langhausbau
14059 Berlin
www.smb.spk-berlin.de/mvf
Eintritt: € 6,–