Was tranken die frühen Kelten? Spannende Antworten auf diese Frage liefern nun Analysen 2600 Jahre alter Keramikgefäße aus Burgund. Die in den keltischen Artefakten enthaltenen Rückstände enthüllen, dass die Menschen dort unter anderem von den Griechen importierten Wein becherten. Gleichzeitig genossen sie offenbar lokale Bierspezialitäten – und möglicherweise sogar den Honigwein Met. Auf Letzteres deuten zahlreiche Reste von Bienenprodukten wie Honig und Wachs in den Behältern hin. Womöglich betätigten sich die Kelten bereits als Imker, um an diese begehrten Zutaten zu gelangen.
Die Kelten bevölkerten während der Eisenzeit ganz Europa: Die zahlreichen unterschiedlichen Stämme und Stammesverbände dieser Kultur breiteten sich von Irland über Spanien bis nach Kleinasien aus. Alles, was wir heute über diese Volksgruppen wissen, stammt aus Berichten von Römern und Griechen sowie aus archäologischen Funden – denn die keltischen Völker hatten keine eigene Schrift und somit auch keine Geschichtsschreibung. Vor allem archäologische Quellen haben Forschern in der Vergangenheit schon einiges über die Ernährungsgewohnheiten der Kelten verraten. Demnach bildeten Getreide und Gemüse die Grundlage ihrer Alltagskost. Fleischliche Nahrung landete dagegen seltener auf dem Teller und könnte vorwiegend Männern vorbehalten gewesen sein. Zudem legen Funde griechischer Gefäße nahe, dass die Kelten mitunter Wein importierten und den mediterranen Lebensstil der Griechen und Römer imitierten.
Wein nicht nur für die Eliten
Weitere spannende Erkenntnisse über die Ess- und Trinksitten der Kelten haben nun Maxime Rageot von der Universität Tübingen und seine Kollegen erlangt. Für ihre Studie analysierten die Archäologen Fragmente von Trink- und Transportgefäßen aus Keramik, die an dem frühkeltischen Fürstensitz von Vix-Mont Lassois in Burgund gefunden worden waren. Unter den rund 2600 Jahre alten Artefakten waren sowohl lokale Gefäße als auch offensichtlich aus dem mediterranen Raum importierte Behälter. “Zu dieser Zeit kamen erstmals in großer Zahl Gefäße aus Griechenland und Italien in die Region nördlich der Alpen”, erklärt Mitautor Phillip Stockhammer von der Ludwig-Maximilians-Universität München. Doch welche Getränke und Speisen waren damals in den Gefäßen enthalten?
Um dies herauszufinden, untersuchten die Wissenschaftler organische Rückstände in der Keramik mithilfe der Gaschromatografie und der Massenspektrometrie. Die chemische Signatur dieser Proben lieferte eindeutige Hinweise: “Wir haben in der Keramik unter anderem Rückstände von Olivenöl, Milch und importiertem Wein gefunden”, berichtet Rageot. Damit bestätigen die Analysen, dass die Kelten in Burgund griechischen Wein aus griechischen Gefäßen tranken – und somit mediterrane Traditionen übernahmen. Die Funde des vergorenen Traubensafts in Gefäßen ganz unterschiedlicher Art legen den Forschern zufolge zudem nahe, dass nicht nur die Eliten Wein becherten. Auch die einfacheren Leute hatten demnach Zugang zu diesem Getränk. “Sie haben damit anscheinend wohl auch gekocht”, sagt Rageot.
Bier und möglicherweise Honigwein
Interessant auch: Offenbar nutzten die Kelten die importierten Behälter nicht nur für importierte Produkte. So fanden sich in einigen der griechischen Trinkschalen unter anderem Reste von Bier. “Die Kelten haben also die fremden Trinksitten nicht einfach nur übernommen. Sie nutzten die Gefäße und Produkte auf ihre eigene Weise und für ganz unterschiedliche Zwecke”, konstatiert Stockhammer. “Dies zeigt, wie dynamisch interkultureller Kontakt ist und wie leicht Gefäße ihre Funktion und damit ihre Bedeutung wandeln können.” Neben Wein und Bier stand bei den Menschen damals noch ein weiteres Getränk hoch im Kurs, wie die Untersuchungen enthüllten. Denn in rund der Hälfte der Keramik lokalen Ursprungs ließen sich Rückstände von Bienenprodukten wie Wachs oder Honig nachweisen.
Nach Ansicht der Forscher deutet dies darauf hin, dass auch der Honigwein Met bei den frühen Kelten beliebt war oder dass sie ihre Getränke gerne mit Honig süßten. Alternativ könnte das Bienenwachs allerdings auch zur Versiegelung der Keramik genutzt worden sein. “Die genaue Funktion der in den Gefäßen gefundenen Bienenprodukte ist zwar noch nicht eindeutig geklärt. Die großen Mengen dieser Rückstände lassen jedoch den Schluss zu, dass sie ein wichtiger Rohstoff waren”, erklären Rageot und seine Kollegen. Demnach bedienten sich die Kelten regelmäßig bei den Bienen aus der Region. Und womöglich fingen sie sogar schon an, als Imker tätig zu sein und die fleißigen Insekten zu domestizieren, wie das Team spekuliert.
Quelle: Maxime Rageot (Universität Tübingen) et al., PLOS One, doi: 10.1371/journal.pone.0218001