Menschen wachen auf der ganzen Welt mit guter Laune auf, im Laufe des Tages sinkt dann die Stimmung, um kurz vor dem Schlafengehen wieder zu steigen. Das haben Scott Golder und Michael Macy von der Cornell University in Ithaca durch die Auswertung von Twitter-Botschaften herausgefunden: Millionen dieser sogenannten tweets hat das Forscher-Duo anhand von Wörtern analysiert, die eine Stimmung oder psychologische Inhalte übermitteln. Neben dem Biorhythmus schlagen uns die Arbeit und der Herbst aufs Gemüt, erklären die Wissenschaftler den charakteristischen Verlauf der Tagesstimmung.
So sehr Facebook, Twitter und Co immer wieder verteufelt werden ? für Sozialwissenschaftler sind sie ein wahres Daten-Paradies: Millionen von Menschen aus aller Herren Länder äußern sich über diese Plattformen. Ihre Wortwahl verrät dabei einiges über ihren Gemütszustand. So konnten die Soziologen mithilfe einer Sprachsoftware feststellen, dass nahezu alle Menschen früh morgens und kurz vor Mitternacht die beste Laune haben, denn dann benutzen sie am meisten Wörter, die mit positiven Gefühlen verbunden sind. Die Überraschung: Das Ergebnis galt für alle 84 untersuchten, englischsprachigen Regionen. Über den Tag hinweg nimmt die Stimmung nach und nach ab. Da dieser Rhythmus auch für die Wochenenden gelte ? lediglich um zwei Stunden zeitverzögert ? steuert laut den Wissenschaftlern die biologische Uhr die Stimmung. Schlaf scheint demzufolge für emotionale Erholung zu sorgen.
Nichtsdestotrotz ist das abendliche Stimmungstief an Arbeitstagen ausgeprägter. Stress im Arbeitsalltag vermiest uns also zusätzlich die Laune, vermuten die US-Forscher. Neben dem Job reagiert das Gemüt auch auf die Jahreszeiten, beziehungsweise auf die Veränderung von Tageslängen. Während im Frühjahr mit der Tageslänge auch die Stimmung wächst, sinkt sie mit der Sonnenstundenzahl im Herbst. Die reine Sonnenscheindauer hat den Wissenschaftlern zufolge allerdings keine Auswirkungen.
In den Daten steckten außerdem interessante Informationen über die Besonderheiten bestimmter Kulturkreise der Schreiber. Demnach haben Menschen, die im arabischen Raum leben freitags und samstags die beste Laune. Das passt in die Erklärungsansätze der Forscher, denn gearbeitet wird dort von Sonntag bis Donnerstag.
Gegenüber bislang zu diesem Thema angewandten Methoden wie die Selbstauskunft, bietet die Analyse von Twitter-Nachrichten neben der Fülle an Untersuchungsobjekten eine Aufnahme in Echtzeit, die nicht auf dem Erinnerungsvermögen der Probanden beruht, betonen Scott Golder und Michael Macy. ?Außerdem können wir Verhalten und Stimmung in einer natürlichen Umgebung studieren, ohne zu stören?, so Golder.
Scott Golder und Michael Macy (Cornell University, Ithaca): Science, Band 333, S. 1878, doi: 10.1126/science.1201775 wissenschaft.de ? Marion Martin