Das Gleichgewichtsorgan im Innenohr “misst” die Veränderungen des menschlichen Körpers im Schwerefeld zusammen mit dem Sehsinn und dem Tastsinn mit hoher Präzision. Die zuständige Gehirnregion für das Gleichgewichtsorgan, der “vestibulare Kortex”, unterscheide sich von den anderen Sinneszentren im Gehirn, schreibt Smetacek, da er eng mit dem visuellen und sensorischen Kortex zusammenarbeite und in der rechten Gehirnhälfte dominiere. Nach neuen Untersuchungen spiele der vestibulare Kortex auch eine Rolle für die Selbstwahrnehmung und die Kognition.
Nach Smetaceks Meinung ging die Feineinstellung des Gleichgewichtssinns mit der Entwicklung feinmotorischer Fähigkeiten einher: “Die Linie der Menschenaffen, die zu uns führte, erlernte das Balancieren schrittweise: erst den Körper auf zwei Füßen, dann Werkzeuge in den Händen und schließlich Instrumente und Flugzeuge mit den Augen.” Als es gelang, mit den Händen das Gleichgewicht von Dingen auszubalancieren, wurden die Grundlagen der Vernunft gelegt und konnten anderen auch mitgeteilt werden. “Genauso wie es ein geistiges Auge und ein geistiges Ohr gibt, muß es auch ein geistiges Schwerefeld geben, das von den betreffenden Sinnesorganen abgeleitet ist. Dies ist das abstrakte Raumzeitkoordinatensystem, in dem Masse, Gleichgewicht und Beschleunigung verarbeitet werden: die Grundlage der Naturwissenschaft”, schreibt der Forscher.