Bereits vor etwa 30.000 Jahren trugen die Menschen in einigen Teilen Europas Schuhe. Darauf hat der amerikanischer Anthropologe Erik Trinkaus Hinweise gefunden: Bei vergleichenden anatomischen Untersuchungen von Fuß- und Beinskeletten des frühen modernen Menschen stellte der Forscher fest, dass die Knochenstärke der kleinen Zehen vor 26.000 Jahren abnahm, während die Stärke anderer Knochen gleich blieb. Er folgert daraus, dass die Zehen durch das Tragen von Schuhen nicht mehr so stark beansprucht wurden. Reste solcher Schuhe wurden bislang allerdings nicht gefunden.
Trinkaus verglich die äußeren Zehenglieder von menschlichen Skeletten aus der mittleren mit Überresten aus der jungen
Altsteinzeit. Bereits in der mittleren Altsteinzeit nahm die Stärke der Zehenknochen ab, stellte er fest. Der Vergleich der Beinknochen zeigte, dass die Knochen der Menschen nicht allgemein schwächer wurden, sondern genauso groß und kräftig blieben. Für den Forscher blieb nur eine Schlussfolgerung übrig: Die Menschen trugen bereits Schuhe. Durch das Tragen eines Schutzes für die Füße mussten die kleinen Zehen beim Laufen nicht mehr so stark abrollen wie beim barfüßigen Gehen. Dadurch wurden nur diese Knochen immer schwächer.
Wie oft die Menschen der Altsteinzeit Schuhe getragen haben und welchen mechanischen Schutz sie boten, bleibt weitgehend unklar. Trinkaus vermutet, dass Schuhe in der mittleren Altsteinzeit zunächst der Wärmeisolation während kalter Wetterperioden dienten. Da die kleinen Zehen der Menschen in dieser Zeit noch sehr kräftig waren, trugen sie die Schuhe entweder unregelmäßig, oder sie hatten Schuhwerk mit sehr dünner Sohle. Die Skelette aus der jüngeren Altsteinzeit zeigen dagegen, dass die Menschen hier schon Schuhe mit einer mehr oder weniger starren Sohle besaßen, die den Fuß besser vor dem Untergrund schützten.
Erik Trinkaus (Universität Washington, St. Louis): Journal of Archaeological Science, Bd. 32, S. 1515, doi:10.1016/j.jas.2005.04.006
ddp/wissenschaft.de ? Eva Maria Marquart