Die Schutzfunktion der dentinproduzierenden Odontoblasten scheint jedoch noch weit darüber hinauszugehen, konnten die Forscher um Horst jetzt zeigen. Sie untersuchten dazu 32 frischgezogene Zähne, von denen die Hälfte gesund und die andere Hälfte von Karies befallen war. Im Fokus der Wissenschaftler stand dabei die Frage, welche Botenstoffe oder Abwehrproteine in welchem Teil der kariösen Zähne im Vergleich zu den gesunden Zähnen gebildet werden. Offenbar beginnt die Immunreaktion eines Zahnes auf Kariesbefall damit, dass die Odontoblasten die Karieserreger identifizieren, zeigte die Auswertung. Dann veranlassen die Zellen die Produktion von antimikrobiellen Peptiden, sogenannten Defensinen, um direkt gegen die Infektion vorzugehen. Außerdem beginnen sie, Botenstoffe auszuschütten, die weiße Blutkörperchen an die befallen Stellen lotsen. Schließlich kommen auch noch spezielle Proteine wie die Interleukine zum Einsatz, die einen Entzündungsprozess in Gang setzen.
Obwohl diese Maßnahmen insgesamt sehr effektiv beim Bekämpfen von Bakterien sind, können gerade Entzündungsprozesse ein zweischneidiges Schwert sein, berichten die Forscher. Geraten sie nämlich außer Kontrolle, können sie das Zahnmark empfindlich schädigen. Doch auch für dieses Problem scheinen die Odontoblasten den neuen Ergebnissen zufolge zuständig zu sein: Sie produzieren nicht nur entzündungsfördernde Substanzen, sondern auch Proteine, die den Entzündungsprozess später wieder eindämmen. Vor allem dieser Befund könnte künftig wichtig für die Zahnbehandlung werden, glaubt Studienleiter Horst: “Jetzt haben wir zum ersten Mal einen Ansatzpunkt gefunden, um irreversible Schäden durch Entzündungen im Zahn verhindern zu können.”