Für eine klimaneutrale Energieversorgung und ein erneuerbares Stromsystem müssen mehr Solaranlagen errichtet werden. In Deutschland stehen dafür deutlich mehr freie Flächen zur Verfügung als nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz benötigt werden, wie eine Erhebung zeigt. Es mangelt demnach nicht an Platz für die Solarpaneele, sondern eher an der langfristigen Finanzierung der Photovoltaikanlagen.
Solaranlagen können sowohl auf Dächern von Gebäuden als auch auf freien Flächen platziert werden. Solche Photovoltaik-Module (PV) könnten beispielsweise auf Parkplätzen, Industrieanlagen oder über landwirtschaftlich genutzten Flächen stehen. Das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) der Bundesregierung sieht vor, in Deutschland bis zum Jahr 2040 neue Photovoltaik-Anlagen mit einer Leistung von 200 Gigawatt auf Freiflächen zu errichten. Ebenso viel soll auf Dächern platziert werden. Damit soll die Energiewende vorangetrieben werden und das hiesige Stromnetz schließlich komplett auf Basis erneuerbarer Energien betrieben werden.
Wo sollen die geplanten Solarpaneele hin?
Umfragen zeigen, dass der Großteil der Bevölkerung dem Ausbau der erneuerbaren Energien grundsätzlich positiv gegenübersteht. Doch gibt es überhaupt genug Platz, um so viele Solarmodule zu platzieren? Oder müssen dafür möglicherweise fruchtbare Ackerflächen besetzt werden? Dieser Frage ist das Öko-Institut in zwei Überblicksstudien nachgegangen. Demnach könnten allein an Seitenrandstreifen von Autobahnen und Schienen, über Parkplätzen, sowie auf Industrie- und Gewerbeflächen 287 Gigawatt Solarenergie installiert werden – und damit deutlich mehr als nach derzeitigen Schätzungen benötigt. In der Landwirtschaft müssten dann, wenn überhaupt, nur sehr wenige Flächen und nur solche mit ohnehin geringem Ertrag für Solarpaneele in Anspruch genommen werden. Hier stünden theoretisch Flächen für 135 Gigawatt zur Verfügung.
Darüber hinaus stünden knapp 5.000 Gigawatt zur Verfügung, wenn die Technik weiter reift und dann auch Solarmodule auf Moorflächen, Gewässern oder landwirtschaftlich hochwertigen Flächen platziert werden – ohne diese ökologisch und ökonomisch wichtigen Regionen zu beeinträchtigen. Bei den sogenannten Agri-PV-Anlagen werden beispielsweise Solarpaneele über Agrarflächen installiert, wodurch sowohl Strom erzeugt als auch Landwirtschaft betrieben werden kann. Theoretisch könnte für solche Agri-Photovoltaikprojekte eine Fläche von circa 13,1 Millionen Hektar genutzt werden, wie die Analyse ergab. Dies entspricht 37 Prozent der deutschen Landesfläche oder 4.525 Gigawatt. Besonders geeignet seien jedoch Ackerböden mit geringer oder mittlerer Qualität sowie Dauerkulturen wie Trauben oder Obstbäume, wie das Team berichtet. Zusammen ergeben diese Flächen rund 4,3 Millionen Hektar, die problemlos mit Solaranalgen zu 1.451 Gigawatt bedeckt werden könnten. Dort könnten die Solaranlagen zugleich die Pflanzen zuverlässig vor Hagelschäden und Sonnenbrand schützen, wodurch teure Schutznetze überflüssig werden.
Wer bezahlt den Ausbau der Solaranlagen?
Photovoltaik-Module sind in den vergangenen Jahren immer günstiger geworden und entsprechend zunehmend verbreitet. Bis Ende 2023 waren insgesamt 81,9 Gigawatt Photovoltaik in Deutschland installiert, davon rund ein Drittel auf Freiflächen. Jedoch haben die verschiedenen Krisen der letzten Jahre auch zu Lieferengpässen und zwischenzeitlich zu steigenden Anlagenpreisen geführt. Besonders teuer sind spezielle Photovoltaik-Anlagen für Moore, Gewässer und landwirtschaftliche Flächen. Prognosen zufolge werden die Einnahmen durch Solarstrom zudem sinken. Damit sich Photovoltaik-Anlagen langfristig wirtschaftlich dennoch rentieren, könnten zusätzliche Finanzierungselemente notwendig sein, schreibt das Team. Neben der vorgesehenen Förderung über das EEG seien auch direkte Stromlieferverträge denkbar. Die Bürger seien durchaus bereit, den Solarausbau aktiv mit voranzutreiben. Ihre Motivation steige jedoch, wenn sie an den Erträgen der Anlagen beteiligt werden.
Nicht mit Freiflächen-Solaranlagen bedeckt werden können dagegen Areale, die durch Infrastruktur wie Siedlungen, Straßen, Schienen oder Flughäfen bebaut sind, sowie Nationalparks, Naturschutz- und Biosphärengebiete. Auch Überschwemmungsflächen und steile Hanglagen kommen nicht infrage. Doch auch ohne diese Areale und auch ohne die Landwirtschaft mit einzubeziehen, stehen der Studie zufolge mehr als ausreichend freie Flächen in Deutschland zur Verfügung, um darauf Solaranlagen zu errichten, betont das Team. Konflikte mit dem Klima- oder Artenschutz sowie Widerstand der Bürger und Bauern seien auf bereits versiegelten oder brachliegenden Gebieten zudem eher nicht zu erwarten.
Quelle: Kaya Dünzen (Öko-Institut e. V. – Institut für angewandte Ökologie) et al., Überblicksstudie „Photovoltaik-Freiflächenanlagen in Deutschland“, 2024 und Manuel Kohler (Öko-Institut e. V.) et al., Potentialanalyse „Potenzialflächen für Agri-Photovoltaik“, 2024