Es war bereits bekannt, dass eine bestimmte Hirnregion beim Sprachverständnis eine zentrale Rolle spielt: der sogenannte Gyrus temporalis superior. Dieser Bereich wird durch Sprache aktiviert, nicht aber durch andere Geräusche, haben frühere Untersuchungen ergeben. Es konnte ebenfalls bereits gezeigt werden, dass Störungen dieser Hirnregion zu Problemen bei der Interpretation von gehörter Sprache führen. Doch über weitere Details der Funktionsweise des sensorischen Sprachzentrums des Gehirns ist bisher nur wenig bekannt. Die Forscher um Nima Mesgarani von der University of California in San Francisco konnten dieses Forschungsgebiet nun um grundlegende Informationen bereichern.
Ihre Studie war durch die Unterstützung von sechs Epilepsie-Patienten möglich. Ihnen waren im Rahmen ihrer Therapie Elektroden ins Gehirn eingepflanzt worden, welche die Nerven-Aktivität im Gyrus temporalis superior in hochauflösender Form erfassen konnten. Diesen Probanden spielten die Wissenschaftler Aufzeichnungen von 500 englischen Sätzen vor, die von 400 unterschiedlichen Personen gesprochen worden waren. Während die Studienteilnehmer diese hörten, konnten die Forscher ihnen gleichsam ins Sprachzentrum blicken: Die Sätze lösten hier ein kleines Feuerwerk an Nervenaktivität aus, das die Forscher durch Auswertungen am Computer auflösen und analysieren konnten.
Das neuronale Echo der Sprache
Die Auswertungen der Forscher zeigten, dass offenbar Spezialisierung den Gyrus temporalis superior auszeichnet: Bestimmte Nerven sind den unterschiedlichen Klang-Elementen der Sprache zugeordnet. Manche Neuronen reagieren demnach auf Vokale, andere auf Konsonanten und wiederum andere sind gegenüber Änderungen in der Tonhöhe empfindsam. Die Hirnaktivität im Sprachzentrum der Teilnehmer ergab gleichsam ein Abbild des jeweiligen Höreindrucks, sagen die Forscher. Ihr Video zeigt die Aktivität beim Hören der englischen Wortfolge „And what eyes they were” (Und welche Augen sie waren). Erst durch die Zeitlupe wird sichtbar, dass bestimmte Nerven auf einzelne Klangelemente des Gesprochenen reagieren.
Die Studie hat den Forschern zufolge nun Grundlagen aufgedeckt, wie unser Gehirn gehörte Sprache dekodiert: Bestimmte Nervengruppen sind offenbar sensible für bestimte Klangelemente und bilden damit die Basis des akustisch-phonetischen Transformationsprozesses. Wie die weitere Sprachverarbeitung abläuft, dazu gibt es noch viele offene Fragen. Eines ist allerdings klar: Auch wenn unser Gehirn erfolgreich die Muster der Sprachelemente erfasst – um den Abfolgen am Ende Bedeutung zuordnen zu können, müssen wir etwas beherrschen: die jeweilige Sprache.
[Video courtesy of Edward Chang]