Bisher ist Holz der Hauptrohstoff für die Papierherstellung – eine nur langsam nachwachsende Ressource. Eine Alternative könnte die nordamerikanische Silphie-Pflanze bieten, erste Papiere aus diesem schnellwachsenden Korbblütler gibt es bereits. Wie es mit der Ökobilanz solcher Silphie-Papiere aussieht, haben nun Wissenschaftler näher untersucht. Das Ergebnis: In fast allen Aspekten steht Silphie besser da als der klassische, aus Holz gewonnene Zellstoff.
Die Nachfrage nach Papier und Pappverpackungen steigt. Das liegt unter anderem daran, dass Papierprodukte zunehmend die gängigen Plastikverpackungen ersetzen, beispielsweise im Online-Handel. Allerdings ist auch die Papierproduktion nicht unproblematisch: Sie benötigt viel Energie, es werden teils umweltschädliche Chemikalien eingesetzt und der Rohstoff Holz wächst nur langsam nach. Wird die Zellulose für das Papier aus eigens dafür gefällten Bäumen gewonnen, trägt die Papierproduktion daher zur Waldzerstörung bei.
Energiepflanze als Faserlieferant
Weltweit suchen Wissenschaftler daher nach Möglichkeiten, um die Herstellung von Papier und Pappen umweltfreundlicher und nachhaltiger zu machen. Neben dem Recycling von Altpapier ist eine weitere Alternative die Verwendung schneller nachwachsender Pflanzen als Lieferanten für die Papierfasern. Ein Kandidat dafür ist die Durchwachsene Silphie (Silphium perfoliatum). Dieser in Nordamerika heimische Korbblütler wird bis zu drei Meter hoch und wächst auch auf trockenen Standorten gut. Zudem benötigen diese gelbblühenden mehrjährigen Pflanzen wenig Dünger und ab dem zweiten Wuchsjahr auch keine Pestizide. Weil die Silphie schnell an Biomasse zulegt, gilt sie als vielversprechende Energiepflanze für die Biogaserzeugung.
Aber auch in der Papierherstellung hat die Durchwachsene Silphie Vorteile: Sie braucht nur ein Jahr um nachzuwachsen und liefert reichlich Fasern, aus denen Papier gemacht werden kann. Bisher allerdings funktioniert dies nur, wenn noch ein gewisser Anteil Zellstoff aus Holzfasern beigemischt wird. Ob Papierprodukte aus Silphie dennoch umweltfreundlicher sind als normales Papier aus Zellstoff, haben nun Forscher des Fraunhofer UMSICHT untersucht. Dafür verglichen sie die Ökobilanz für Silphie-Papiere des Herstellers OutNature mit der von konventionellem Verpackungspapier aus Frischfasern. Dabei berücksichtigten sie den Anbau, die stoffliche und energetische Verwertung der Silphie-Fasern einschließlich der Entsorgung.
Positive Bilanz mit kleinen Abstrichen
Das Ergebnis: Das Silphie-Papier kann gegenüber dem Zellstoffkarton in einigen Aspekten punkten. So führt die Verarbeitung der Silphie zu einer geringeren Eutrophierung der Gewässer und es werden weniger Mineralien und Metallrohstoffe bei der Papierproduktion benötigt. Die Silphie-Faserproduktion verursacht der Ökobilanz zufolge insgesamt geringere Umweltwirkungen als die Zellstoffproduktion. Gegenüber Zellstoff weisen Silphie-Fasern zudem eine geringere Klimawirkung auf. Wegen des schnellen Wachstums trägt die Silphie zur CO2-Bindung bei und ermöglicht eine nachhaltigere Rohstoffversorgung. Holz schneidet allerdings besser ab, wenn man den Effekt auf den Boden betrachtet: Wald benötigt keinen Dünger und laugt die Böden nicht aus.
Positiv für die Silphie dagegen: Ähnlich wie beim normalen Papier können auch Papiere und Karton auf Basis von Silphie-Fasern recycelt und zu neuem Papier verarbeitet werden. “Ebenfalls positiv wirkt sich die Erzeugung von Biogas aus Silphie und dessen Verstromung auf die Gesamtbilanz aus”, erläutert Daniel Maga vom Fraunhofer UMSICHT. Ein Teil des Pflanzenmaterials kann dadurch zur Erzeugung der Energie eingesetzt werden, die die Faserverarbeitung benötigt. Dafür werden die Silphie-Fasern vergoren und das dabei entstehende Gas kann verbrannt werden. Ein Manko sind allerdings die bisher zur testweisen Silphie-Papierproduktion eingesetzten Maschinen, wie das Team feststellte: Weil die Versuchsanlagen auf dem technischen Stand der 1960er Jahre sind, arbeiten sie wenig energieeffizient.
Insgesamt stellen die Forschenden der Papierherstellung aus Silphie damit ein durchaus gutes Zeugnis aus. “Die Ergebnisse der Ökobilanzstudie sind vielversprechend. Mit Silphie-Fasern ist es uns gelungen einen regionalen und nachwachsenden Rohstoff mit transparenter Lieferkette zu generieren, der als Zellstoffsubstitut auch aus ökologischer Sicht sinnvoll ist”, erklärt OutNature Geschäftsführer Thomas Tappertzhofen. “Nur der Papierherstellungsprozess verursacht derzeit noch die größte Menge an Treibhausgasemissionen.” Hier bestehe Nachbesserungsbedarf.
Quelle: Fraunhofer-Institut für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik UMSICHT