Wasserläufer sind für ihre Fähigkeit zum über das Wasser gehen bekannt. Doch wenn Regentropfen auf die Oberfläche des Gewässers fallen, erzeugen sie für die Wasserläufer Einschläge mit enormer Wucht. Werden die winzigen Insekten getroffen, werden sie unter Wasser gerissen. Mit welchen Strategien sie sich wieder an die Oberfläche zurückkämpfen, haben nun Forschende beobachtet. Demnach hilft den Wasserläufern ihr wasserabweisender Panzer, nicht zu ertrinken. Die Erkenntnisse helfen aber auch zu verstehen, wie sich Mikroplastik im Ozean verteilt.
Wie ihr Name sagt verbringen Wasserläufer (Trepobates subnitidus) die meiste Zeit ihres Lebens auf dem Wasser laufend. Möglich machen das feine, wasserabweisende Haare an den Beinen und auf dem Körperpanzer der Tiere. In ihrem natürlichen Habitat sind die nur etwa 15 Millimeter großen Insekten jeglichem Wetter ausgesetzt. Wenn es regnet, prallen Regentropfen auf die Wasseroberfläche, die etwa 40 Mal schwerer sind als die leichtgewichtigen Wasserläufer. Durch die Wucht des Einschlags können die Tiere unter Wasser gerissen werden. Wie sie das überleben, war bislang ein Rätsel.
Wer schafft den Absprung?
Ein Team um Daren Watson von der Florida Polytechnic University ist dieser Frage nun nachgegangen. Dafür erzeugten die Forschenden im Labor künstliche Wassertropfen, die besonders schweren Regentropfen entsprechen, und filmten mit Hochgeschwindigkeits-Kameras, wie Wasserläufer darauf reagierten. Die Auswertung der Filmaufnahmen offenbarte verschiedene Abläufe: Durch den Einschlag eines Regentropfens bildet sich auf der Wasseroberfläche zunächst ein Krater, der die direkt getroffenen Wasserläufer unter Wasser drückt. Wenn der Wasserkrater anschließend einstürzt, entsteht jedoch ein nach oben gerichteter Wasserstrahl (Worthington-Jet), der die Wasserläufer wieder an die Oberfläche katapultiert. In manchen Fällen endet der kurze Tauchgang an dieser Stelle bereits und die Insekten springen von dem kurzzeitig gebildeten Wasserhügel ab, wie die Forschenden berichten. Je mittiger sich die Wasserläufer im Krater befinden, desto leichter fällt ihnen anschließend der Absprung.
Schaffen die Tiere den Absprung jedoch nicht, werden sie mit dem durch die Schwerkraft zusammenbrechenden Wasserstrahl zurück auf die Wasseroberfläche geschleudert. Dabei wird ein zweiter Krater erzeugt. Unter Umständen können die Wasserläufer dann erneut unter Wasser gezogen werden. Ob dies passiert, hängt jedoch von der Geschwindigkeit ab, mit der der zweite Krater in sich zusammenfällt, und von der exakten Position der Insekten, wie die Highspeed-Aufnahmen enthüllten. So kann es passieren, dass die Insekten nicht wieder durch die Wasserbewegungen automatisch passiv nach oben befördert, sondern komplett untergetaucht werden.
Mit Ruderbewegungen und Auftriebshilfe
Damit sie nicht ertrinken, schwimmen die winzigen Wasserläufer dann aktiv in Richtung Oberfläche, wie die Aufnahmen zeigten. Mit ihren vier Beinchen rudern die Tiere mit kräftigen und koordinierten Schwimmbewegungen nach oben, bis ihr Kopf wieder über Wasser ragt. „Dabei hilft ihnen ihr wasserabweisendes Exoskelett, das ausgehend vom Brustpanzer eine Luftblase um den Körper bildet und ihnen Auftrieb verleiht“, erklärt Watson. Durch dieses Luftpolster des Außenskeletts sind die Insekten vom Wasser abgeschirmt und vor den Kräften beim Einschlag eines Regentropfens geschützt. „Der Schutz des Panzers funktioniert bis zu zehn Minuten lang, jedoch nur begrenzt“, betonen Watson und seine Kollegen.
Bei wiederholtem Untertauchen innerhalb kurzer Zeit oder bei längeren Tauchgängen kann der Panzer der Wasserläufer so mit Wasser gesättigt werden, dass die Insekten nicht mehr ausreichend Auftrieb haben, um an die Oberfläche zu gelangen. Nur wenn die Härchen auf dem Außenskelett zwischen zwei Tauchgängen ausreichend Zeit haben zu trocknen, können sie ihre Aufgabe beim nächsten Tropfeneinschlag uneingeschränkt erfüllen.
Dynamik ist auf Plastikteilchen übertragbar
Die Ergebnisse offenbaren damit, wie Wasserläufer selbst prasselnden Regen überleben können, ohne zu ertrinken oder gar nass zu werden. Darüber hinaus sind die Beobachtungen auf andere passiv im Wasser treibende Teilchen übertragbar, so die Forschenden. Die Studie liefert daher auch einen Einblick, wie sich Mikroplastik bei Regen im Meer bewegt und unter welchen Umständen es in die Luft geschleudert wird.
Quelle: Daren Watson (Florida Polytechnic University) et al., Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.2315667121