Harnsäure könnte bei Verletzungen des Rückenmarks helfen: Mäuse, die nach einer derartigen Verletzung Harnsäure erhalten, leiden unter weitaus weniger Lähmungserscheinungen als unbehandelte Artgenossen, fanden Gwen Scott von der Thomas-Jefferson-Universität in Philadelphia und ihre Kollegen heraus. Harnsäure ist ein natürliches Stoffwechselendprodukt, das im Körper von Säugetieren und Menschen vorkommt. Die Ergebnisse lassen sich durchaus auf den Menschen übertragen, schreiben die Forscher im Wissenschaftsmagazin PNAS (Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1073/pnas.0500307102).
Nach einer Rückenmarksverletzung verursachen vor allem die Reaktionen des Körpers auf die einsetzende Entzündung schlimme Schäden: Er setzt eine Reihe potenziell schädlicher Substanzen frei. Vor allem das von den so genannten Neutrophilen, einer bestimmten Sorte weißer Blutkörperchen, produzierte Peroxynitrit spielt hier eine unheilvolle Rolle. Dabei treten die meisten Veränderungen im Rückenmark innerhalb der ersten 24 Stunden auf.
Die Wissenschaftler verabreichten Mäusen nach einer Rückenmarksverletzung Harnsäure oder Salzlösung. Die Mäuse, die Harnsäure erhielten, gewannen schneller und in einem größerem Ausmaß ihre motorischen Fähigkeiten zurück. Dabei zeigten anschließende Tests in einer Zellkultur, dass die Harnsäure Entzündungen und Schäden verhindert: Sie schützt die Nervenzellen des Rückenmarks vor Schäden durch Peroxynitrit, schreiben die Forscher. Die Harnsäure verhindere, dass die Neutrophile durch die Blut-Hirn-Schranke in das Rückenmark gelangen und dort Schäden anrichten.
Wann genau die Inaktivierung des Peroxynitrit den größten therapeutischen Effekt hat, wollen die Wissenschaftler nun in weitergehenden Studien herausfinden. Sie halten es für praktikabel, Patienten gleich nach einer Rückenmarksverletzung Harnsäure zu geben. Dies sei innerhalb eines bestimmten Bereichs möglich, ohne dass es zu Problemen wie Gicht durch eine zu hohe Harnsäurekonzentration komme.
ddp/wissenschaft.de ? Anke Biester