Unsere Ernährung ist ein wichtiger Treiber des Klimawandels: 35 Prozent aller vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen entfallen auf die Lebensmittelindustrie. Eine Studie hat nun quantifiziert, dass tierische Lebensmittel daran mit 57 Prozent den größten Anteil haben. 29 Prozent entfallen auf pflanzliche Lebensmittel, 14 Prozent auf andere Verwendungszwecke wie Gummi und Baumwolle. Berücksichtigt wurden Daten aus mehr als 200 Ländern für 171 Nutzpflanzen und 16 tierische Erzeugnisse.
Im Laufe des letzten Jahrhunderts hat sich die Weltbevölkerung vervierfacht und der Anteil tierischer Produkte an der Ernährung ist gestiegen. Mehr und mehr Flächen werden daher für die Produktion von Nahrungsmitteln benötigt, zum Beispiel, um Pflanzen für den menschlichen Verzehr und als Tierfutter anzubauen, und um Tiere wie Rinder, Schweine und Geflügel zu halten. Durch die Herstellung und den Transport von Nahrungsmitteln werden große Mengen von Treibhausgasen wie Kohlendioxid (CO2), Methan (CH4) und Lachgas (N2O) freigesetzt – mit gravierenden Auswirkungen auf das Klima. Ein Team um Xiaoming Xu von der University of Illinois in den USA hat nun quantifiziert, welchen Anteil die einzelnen Lebensmittelsektoren jeweils daran haben.
Daten aus über 200 Ländern
Dazu erstellten die Forscher eine frei zugängliche Datenbank mit Daten aus über 200 Ländern, die präzise Schätzungen erlaubt, wie viel Kohlendioxid, Methan und Lachgas durch pflanzliche und tierische Lebensmittel entstehen. Dafür griffen sie auf Daten aus der Zeit um das Jahr 2010 zurück. „Das ist der jüngste Zeitraum, für den die erforderlichen Daten verfügbar sind, insbesondere Rohstoffbilanzen für Getreide und Vieh sowie Futtermitteldaten“, so die Forscher.
Für ihre Berechnungen berücksichtigten sie verschiedene Treibhausgasemissionen entlang der Produktionskette: Umwandlung von Flächen, beispielsweise von Wald zu Ackerland, Düngung von Nahrungs- und Futterpflanzen, Viehhaltung, sowie die Verarbeitung und den Transport von Lebensmitteln. Neben den CO2-Emissionen bezogen sie auch die Treibhausgase Methan und Lachgas ein, wobei sie deren Effekt in CO2-Äquivalente umrechneten. „Obwohl CO2 die wichtigsten und am häufigsten diskutierten Treibhausgasemissionen sind, sind Methan, das durch Reisanbau und Tiere erzeugt wird, und Lachgas aus Düngemitteln 34- bzw. 298-mal stärker als CO2, wenn es darum geht, Wärme in der Atmosphäre einzuschließen“, erklärt Xu.
Treibhausgasemissionen quantifiziert
Die Berechnungen zeigen: Pro Jahr ist der Lebensmittelsektor für Treibhausgasemissionen in Höhe von 17,318 Milliarden Tonnen CO2-Äquivalenten verantwortlich, davon 61 Prozent Kohlendioxid, 27 Prozent Methan und zwölf Prozent Lachgas. Der größte Anteil entfällt auf tierische Produkte: 57 Prozent der Emissionen entstehen durch die Haltung und Verwertung von Nutztieren, inklusive des Anbaus und Transports von Futtermitteln. Besonders klimaschädlich sind den Berechnungen zufolge Rinder: 25 Prozent aller Treibhausgasemissionen durch tierische Lebensmittel entfallen auf Rindfleisch, weitere zehn Prozent auf Milchprodukte.
Pflanzliche Produkte sind dagegen nur für 29 Prozent der Lebensmittel-Treibhausgasemissionen verantwortlich. Dabei hat die Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Nutzflächen und die Umwandlung von Flächen von Wald zu Ackerland den größten Einfluss. Unter den pflanzlichen Nahrungsmitteln sorgt Reis für die meisten Treibhausgasemissionen (12 Prozent), denn auf den gefluteten Reisfeldern produzieren Mikroorganismen große Mengen Methan. Die verbleibenden 14 Prozent der Treibhausgasemissionen aus dem Lebensmittelsektor entfallen auf Produkte, die gar nicht zur Ernährung genutzt werden, darunter Baumwolle und Gummi. Da diese Waren aber ebenfalls zur Landnutzung beitragen, haben die Forscher sie in die Analyse einbezogen.
Zukünftige Ernährung klimafreundlich gestalten
Im Ländervergleich zeigt sich: In fast allen Regionen der Welt machen tierische Lebensmittel den größten Anteil der Treibhausgasemissionen aus. Eine Ausnahme bildet die Region Süd- und Südostasien, in der besonders viel Reis angebaut wird. Hier haben pflanzliche Lebensmittel den größten Anteil an den Emissionen. Absolut betrachtet haben Süd- und Südostasien die höchsten lebensmittelbezogenen Treibhausemissionen weltweit, pro Kopf gerechnet allerdings neben dem Nahen Osten und Nordafrika die niedrigsten. Die höchsten Lebensmittel-Treibhausgasemissionen pro Kopf und die zweithöchsten absolut hat Südamerika. Hier machen tierische Lebensmittel bei weitem den größten Teil aus. Europa liegt jeweils im Mittelfeld, wobei auch hier die Emissionen durch Tierprodukte deutlich überwiegen.
„Wir gehen davon aus, dass das Bevölkerungswachstum die Ausweitung von Teilsektoren der Nahrungsmittelindustrie vorantreiben wird, einschließlich des Pflanzenanbaus und der Viehzucht sowie des Transports und der Verarbeitung von Produkten, der Bewässerung und der Nutzung von Düngemitteln und Pestiziden“, sagt Xus Kollege Atul Jain. Angesichts dessen sei es besonders wichtig, die zukünftige Welternährung auch unter Berücksichtigung der klimatischen Konsequenzen zu gestalten. „Die Entwicklung von Klimaschutzstrategien muss sich auf genaue Schätzungen der Treibhausgasemissionen aus allen Quellen stützen“, so Jain. Dabei kann das Modell der Forscher helfen. „Auch positive Effekte lassen sich erfassen, etwa, wenn Flächen, die frei werden, wenn wir von einer tierischen auf eine pflanzliche Ernährung umstellen, wiederaufgeforstet werden“, so die Forscher.
Quelle: Xiaoming Xu (University of Illinois, USA) et al., Nature Food, doi: 10.1038/s43016-021-00358-x