Im Fokus des Teams unter der Leitung der University of Texas in Austin stand eine Untergruppe der Baumsteigerfrösche (Dendrobatidae), die ein Nervengift namens Epibatidin bilden. Es setzt sich im Nervensystem auf die Andockstellen des Neurotransmitters Acetylcholin und überreizt sie dadurch. Die Folge sind Krämpfe, die bis zum Tod führen können. Vor diesem Effekt warnen viele Vertreter der Giftfrösche mögliche Fressfeinde mit teils knallbunter Farbenpracht.
Giftzwerge im Fokus der Forschung
Ein Grund für die Wahl der Forscher war, dass Epibatidin bereits hinreichend bekannt ist: Es hat Potenzial zur Entwicklung nicht abhängig machender Schmerzmittel. Bei der Entwicklung von entsprechenden Medikamenten gab es allerdings bisher Probleme mit Nebenwirkungen. Das Wissen darüber, wie die Frösche mit ihrem eigenen Gift umgehen, könnte Verbesserungen beim Medikamenten-Design ermöglichen – so die Hoffnung hinter der Studie.
Die Grundlage der Untersuchung bildete eine Sammlung von Gewebeproben bei 28 Froscharten. Ein Teil dieser Spezies verwendet das Gift Epibatidin, eine zweite Gruppe bildet andere Toxine und bei einer Kontrollgruppe der 28 Arten handelte es sich um völlig ungiftige Fröschchen. So konnten die Forscher genetische Vergleiche durchführen, um dem Hintergrund der Verträglichkeit gegenüber Epibatidin bei den Giftfröschen auf die Spur zu kommen.
Feine Modifikationen des Schlüssel-Schloss-Systems
Die Forscher fanden heraus, dass Giftfrösche, die Epibatidin verwenden, eine kleine genetische Mutation entwickelt haben, die das Toxin daran hindert, an ihre Rezeptoren für den Nerven-Botenstoff Acetylcholin zu binden. Ein Rezeptor ist eine Eiweißstruktur auf der Außenseite von Zellen, die Signale zwischen außen und innen überträgt. Rezeptoren sind wie Schlösser, die geschlossen bleiben, bis der richtige Schlüssel auf sie trifft. Bei Feinden der Frösche passt neben Acetylcholin auch Epibatidin als Schlüssel in das Schloss des Acetylcholin-Rezeptors und entfaltet dadurch seine giftige Wirkung. Wie die Forscher berichten, verhindert genau dies die nun entdeckte feine Veränderung des Schlosses bei den Fröschen.
Außerdem haben sie eine zweite Besonderheit aufgedeckt: Damit der richtige Schlüssel passt – das Acetylcholin – haben die Frösche noch eine zweite feine Mutation des Schlosses hervorgebracht, die den gewünschten Effekt optimiert. “Es ist faszinierend, wie diese vergleichsweise kleinen Modifikationen die Funktion des Rezeptors in einer so präzisen Weise modifizieren können”, sagt Co-Autorin Cecilia Borghese von der University of Texas.
Die neuen Einblicke, wie diese Modifikationen das Verhalten des Acetylcholin-Rezeptors beeinflussen, könnten nun bei der Entwicklung von Medikamenten helfen, hoffen die Forscher. Dieses neuronale Schlüssel-Schloss-System spielt nämlich eine wichtige Rolle bei der Übertragung von Schmerzreizen und für die Ursache von Drogenabhängigkeiten. Konkret ist die Hoffnung, mit den Konzepten der Giftfrösche neue Medikamente zu entwickeln, die Schmerzen blockieren oder die Macht von Drogensucht brechen können.