Problematischer Blütennektar: Über die Nahrung aufgenommene Abgaspartikel von Diesel-Fahrzeugen können Insekten offenbar erheblich schaden, zeigen Versuche an Erdhummeln. Belastungen, wie sie durch Blütenbesuche in Straßennähe auftreten können, schwächen die Tiere demnach deutlich. Auch dieser Effekt könnte somit einen Beitrag zum Insektensterben leisten, sagen die Wissenschaftler.
Die Verluste sind teilweise erschreckend: In vielen Regionen der Welt sind die Bestände der Insekten in den letzten Jahrzehnten drastisch zurückgegangen, zeigen Studien. Dies ist besonders besorgniserregend, da sie ökologische Schlüsselfunktionen erfüllen: Sie bestäuben Pflanzen, prägen die Stoffkreisläufe und bilden die Nahrungsgrundlage vieler weiterer Tiere. Doch was macht den Insekten so stark zu schaffen? Wie aus Untersuchungen hervorgeht, ist es wohl eine Mischung aus verschiedenen Faktoren: Neben klimatischen Veränderungen, dem Verlust von Lebensraum sowie Nahrungsquellen schaden den Insekten die Umweltbelastungen mit bestimmten Substanzen.
Dabei standen bisher vor allem die Auswirkungen von Pestiziden aus der Landwirtschaft im Fokus. Ein Forscherteam der Universität Bayreuth beschäftigt sich nun hingegen mit dem Beitrag weiterer anthropogener Schadstoffe. In zwei Studien haben sie jetzt den möglichen Effekt von über die Nahrung aufgenommenen Dieselabgaspartikeln auf Insekten untersucht. Als Modellorganismus wählten sie sich dabei die allseits bekannte Erdhummel (Bombus terrestris).
Feinstaub-belasteter Nektar im Visier
Wie die Forscher erklären, können die berüchtigten Feinstaubpartikel nicht nur über die Atemluft zur Belastung werden. Im Bereich von Straßen sammeln sie sich im Nektar von Pflanzenblüten an, von dem sich Hummel und Co. ernähren. Um Testsubstanzen herzustellen, erzeugte das Team die typischen Abgaspartikel zunächst in einem Vierzylinder-Dieselmotor. Diese mischten sie dann Zuckerwasser bei, das als Ersatz für Nektar bei Fütterungsversuchen an Hummeln eingesetzt wurde. Die Konzentrationen orientierten sich dabei an Belastungen, wie sie etwa im Bereich von vielbefahrenen Landstraßen auftreten können.
Wie aus früheren Studien bekannt ist, kann eine ungünstige Veränderung der lebenswichtigen Darmflora eine Form der Belastung von Insekten darstellen. Bei der aktuellen Untersuchung zeigte sich dabei nun: Nach einer sieben Tage andauernden Versorgung der Hummeln mit dem belasteten Futter stellten die Forscher eine erheblich veränderte Zusammensetzung des Darmmikrobioms fest. Insbesondere war die Besiedelung mit einer Bakterienart eingeschränkt, die für die Bildung eines den Darm schützenden Biofilms bekannt ist. Untersuchungen haben bereits gezeigt, dass derartige Veränderungen bei Insekten unter anderem die Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheitserreger schwächen können.
Veränderte Darmflora und Stresssymptome
Bei der zweiten Teilstudie gingen die Bayreuther Wissenschaftler dann der Frage nach, inwieweit sich körperliche Folgen einer andauernden Aufnahme des belasteten Futters zeigen. Dabei stellen sie bei den Versuchstieren einen im Vergleich zu normal gefütterten Hummeln reduzierten Fettgehalt im Körper fest. „Dies ist ein Indiz dafür, dass die Partikel Entgiftungsprozesse ausgelöst haben, die mit einem erhöhten Energieverbrauch verbunden sind“, erklärt Erst-Autor Frederic Hüftlein. „Wir haben zudem beobachtet, dass sich die Sterblichkeit der Hummeln erhöht. Auch diese Untersuchungen belegen somit, dass eine tägliche Aufnahme von Abgaspartikeln über die Nahrung den Organismus der Insekten in Stress versetzt“, so Hüftlein.
Weitere Hinweise zu dieser Wirkung lieferte dann die Untersuchung von Genaktivitäten bei den Versuchstieren, berichten die Wissenschaftler: Die Analyse des Transkriptoms ergab demnach, dass sich die Expression von 324 Genen durch das belastete Futter verändert hatte. „Vieles spricht dafür, dass es sich bei der veränderten Genexpression um eine Stressreaktion handelt, welche die Energieressourcen der Insekten angreift und schwächt“, sagt Co-Autorin Heike Feldhaar.
Wie das Team betont, zeigten die Ergebnisse aber auch grundlegend, dass bei nur einmaliger oder länger unterbrochener Fütterung mit der belasteten Nahrung keine deutlichen Folgen zu verzeichnen waren. „Entscheidend für eine Schädigung der Hummeln ist, dass die Aufnahme der Abgaspartikel chronisch ist, sich also innerhalb eines längeren Zeitraums wiederholt. Wenn Pflanzen und Böden belastet sind, ist eine solche chronische Exposition mit den Schadstoffen allerdings möglich“, sagt Co-Autor Matthias Schott.
Das Team will die Forschung nun auch weiter fortsetzen. Dazu sagt die Leiterin des Projekts „Einfluss von Feinstaub auf Insekten“ Heike Feldhaar: „Wir planen in nächster Zeit weitere Untersuchungen, um die Zusammenhänge noch genauer aufzuklären. Dabei wollen wir nicht nur einzelne Insekten, sondern ganze Kolonien betrachten und zusätzlich zu den Dieselabgasen noch andere anthropogene Stressfaktoren in die Forschungsarbeiten einbeziehen“, so die Wissenschaftlerin.
Quelle: Universität Bayreuth