Monumentalbauten, faszinierende Kunst und Schrift – Jahrhunderte lang erblühte die geheimnisvolle Hochkultur der Maya, doch vor etwa 1000 Jahren war dann plötzlich Schluss. Bei diesem Kollaps hat eine verheerende Dürre eine entscheidende Rolle gespielt, heißt es. Welche drastischen Ausmaße die Trockenheit damals tatsächlich erreichte, haben Forscher nun durch Analysen geologischer Zeitzeugen herausgefunden. Demnach war die Landwirtschaft der Maya mit bis zu 70 Prozent weniger Niederschlag als üblich konfrontiert.
Die Maya gelten als eine der geheimnisvollsten Hochkulturen der Menschheitsgeschichte. Als die ersten Europäer die Neue Welt erreichten, zeugten nur noch überwucherte Ruinen von der einst hochentwickelten Zivilisation dieses indigenen Volkes im Bereich der mexikanischen Halbinsel Yucatan. Heute scheint klar: Die klassische Periode der Maya-Geschichte (250 bis 900 n. Chr.) war geprägt von monumentaler Architektur, intellektuellen und künstlerischen Entwicklungen und dem Wachstum großer Stadtstaaten. Doch mysteriöse Geschehnisse im Verlauf des 9. und 10. Jahrhunderts n. Chr. beendeten schließlich die Ära dieser Pracht: Die Städte wurden verlassen und die Herrscher-Dynastien verschwanden. Das Volk der Maya existierte zwar weiter, aber auf einem vergleichsweise bescheidenen Kulturniveau.
In Gips eingeschlossenes Wasser liefert Hinweise
Welche Faktoren genau zum Zusammenbruch der Maya-Zivilisation geführt haben, bleibt immer noch unklar. Kriege, kollabierende Handelswege, Umweltzerstörung und weitere Effekte wurden in Betracht gezogen. Seit den 1990er Jahren rückte allerdings immer mehr ein spezieller Faktor ins Zentrum: Es gibt Hinweise darauf, dass es zur Zeit des Maya-Kollapses eine längere Periode extremer Trockenheit in ihrem Reich gegeben hat. “Die Rolle des Klimawandels beim Zusammenbruch der klassischen Maya-Zivilisation ist allerdings nach wie vor unklar, weil die klimatischen Effekte bisher schwer zu fassen waren“, sagt Nick Evans von der University of Cambridge.
Um für mehr Klarheit zu sorgen, haben die Forscher im Rahmen ihrer Studie nun die Isotope in Wasser analysiert, das im Laufe der Jahrhunderte in Gipsschichten des See Chichancanab auf der Halbinsel Yucatan eingeschlossen wurde. Wie sie erklären, werden Wassermoleküle bei der Entstehung von Gips direkt in seine kristalline Struktur eingebaut. Dieses Wasser konserviert damit die verschiedenen Wasserstoff- und Sauerstoff-Isotope, die es zum Zeitpunkt der Bildung im Seewasser gegeben hat.
Bis zu 70 Prozent weniger Niederschlag
Rückschlüsse auf das Klima waren möglich, da bei Trockenzeiten mehr Wasser verdunstet. Wassermoleküle aus leichten Isotopen verdampfen dabei schneller, wodurch das Wasser „schwerer“ wird. In einem erhöhten Anteil der schwereren Isotope wie Sauerstoff-18 und Wasserstoff-2 (Deuterium) spiegelt sich daher eine Dürre wider, erklären die Forscher. Auf diese Weise konnten sie anhand der baumringartigen Schichten des Gipses aus dem See ein Modell erstellen, wie sich Niederschlag und relative Luftfeuchtigkeit in der Zeit von 800 bis 1000 n. Chr. entwickelt haben.
Es zeichnete sich ab: Zur Zeit des Zusammenbruchs der Maya-Zivilisation sank die jährliche Niederschlagsmenge zwischen 41 und 54 Prozent. In Spitzenzeiten war die Niederschlagsmenge sogar um 70 Prozent zurückgegangen. Auch die Luftfeuchtigkeit lag um zwei bis sieben Prozent niedriger als heute. “Diese Ergebnisse stellen nun einen wesentlichen Fortschritt bei der Ursachenforschung des Untergangs der Maya dar, da sie statistisch robuste Schätzungen der Niederschlagsmenge und des Feuchtigkeitsniveaus während des Kollapses liefern”, sagt Evans.
Wie er und seine Kollegen erklären, kann die Studie nun eine solide Grundlage für weitere Untersuchungen bieten: Die Klimadaten können verwendet werden, um besser einschätzen zu können, wie sich die Dürrebedingungen auf die Erträge der Landwirtschaft der Maya ausgewirkt haben. Es könnte somit nun bald mehr Licht auf das Mysterium fallen, warum die einst so stabile und beeindruckende Zivilisation der Maya endete und ihre Spuren schließlich vom Urwald überwuchert wurden.