Dieser Unterschied spiegelte sich auch deutlich im Erbgut wider, wie die Forscher zeigen konnten: Das genetische Netzwerk zeigt bei den höheren Säugetieren Anzeichen einer Neuorganisation, wodurch die Gene in ihren Gebärmutterzellen anders aktiviert werden als bei den Beuteltieren. Den Wissenschaftlern zufolge war der Auslöser dieser Umgestaltung ein Transposon namens MER20, das sich vor rund 100 Millionen Jahren im Genom der Ur-Plazentatiere eingenistet hat. Transposons sind DNA-Stücke mit Eigendynamik: Sie besitzen an ihren Enden Sequenzen, über die sie sich sich selbst ins Erbgut einbauen beziehungsweise auch wieder ausschneiden können. Das Genom des Menschen ist voll von Transposon-DNA, die meist nur nutzlosen Datensalat repräsentiert und deshalb oft als ?Junk DNA? – genetischer Abfall – bezeichnet wird. Wenn sie sich zwischen wichtige Erbgutabschnitte setzen, können sie allerdings genetische Programme beeinflussen. Genau dieser Effekt hat offenbar das Kontrollsystem der endometrischen Zellen getroffen und in diesem Fall zu einem Ergebnis geführt, das den Ur-Plazentatieren einen evolutionären Vorteil verschaffte, sagen Wagner und seine Kollegen.
Schon lange ist die Geschwindigkeit evolutionärer Prozesse ein Diskussionspunkt in der Biologie: Verläuft die Entwicklung mit kleinen Schritten oder eher sprunghaft? Bisher neigen Biologen der ersten Variante zu, denn Mutationen sind meistens zerstörerisch ? je größer, desto negativer sind in der Regel die Folgen für die Überlebensfähigkeit eines Organismus. Die aktuellen Ergebnisse weisen nun allerdings darauf hin, dass die Evolution durchaus sprunghaft verlaufen kann ? manchmal sei sie langsam, manchmal aber eben auch schnell, resümieren die Wissenschaftler. Vermutlich sei das aktuelle Beispiel kein Einzelfall.