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Wie Adler zu Segelflugexperten werden

Greifvögel

Wie Adler zu Segelflugexperten werden
Junge Steinadler wurden mit GPS-Sendern ausgerüstet, um die Entwicklung ihres Flugverhaltens im Verlauf der ersten drei Jahre zu untersuchen. © Harald Schmidt/iStock

Sie sind zum Fliegen geboren. Doch auch Steinadler werden offenbar erst durch Erfahrung zu wahren Herrschern der Lüfte: Sie lernen im Lauf des Lebens immer besser, Aufwinde für ihre weiträumigen Erkundungsflüge in den Alpen zu nutzen, geht aus Sender-Daten von 55 Exemplaren hervor. Durch Optimierung des energiesparenden Segelflugs konnten die jungen Steinadler demnach auch ihren Lebensraum innerhalb von drei Jahren enorm vergrößern. Neben der biologischen Bedeutung könnten die Studienergebnisse dem Schutz der prominenten Greifvögel zugutekommen, sagen die Forschenden.

Sie sind für ihre majestätische Erscheinung berühmt und zieren so manches Wappen. Die Bewunderung hat die Steinadler (Aquila chrysaetos) allerdings nicht vor der Verfolgung bewahrt: In Europa wurden die großen Raubvögel lange als eine Bedrohung betrachtet und bejagt. Mittlerweile haben Schutzbemühungen aber zu einer erfreulichen Erholung einiger Steinadlerpopulationen geführt – so auch in der Alpenregion. Dadurch kommen die Vögel allerdings auch wieder mehr in Kontakt mit dem Menschen. Der Erforschung ihres Verhaltens kommt damit eine zunehmende Bedeutung zu.

Jungadlern auf der Spur

Bisher ist dabei vergleichsweise wenig über die jungen Adler und die Entwicklung ihrer Verhaltensweisen im Lauf der ersten Jahre bekannt. Um Einblicke in diese Lebensphase zu gewinnen, hat ein internationales Forschungsteam 55 junge Steinadler aus Nestern in der Schweiz, Italien, Deutschland, Slowenien und Österreich mit kleinen Datensendern auf dem Rücken ausrüstet. Dank dieser modernen Tracking-Technologie konnten die Forschenden das Flugverhalten der Jungadler im Bereich der Zentralalpen bis zu drei Jahre lang erfassen und untersuchen.

Wie das Team berichtet, zeichneten sich in den Datenanalysen ab, wie die Vögel ihre Flugfähigkeiten im Laufe der Zeit optimieren und dadurch schließlich ein immer größeres Gebiet erkunden können. Dabei kommt dem Segelflug eine wichtige Rolle zu, für den die Greifvögel bekannt sind. Bei diesem Flugmodus nutzen sie mit ihren bis zu 2,30 Metern Flügelspannweite Luftströmungen, um ohne große Distanzen ohne Flügelschläge und daher mit vergleichsweise wenig Energieaufwand zurückzulegen. „Es ist jedoch nicht so leicht, diese unsichtbaren und manchmal tückischen Strömungen zu finden und ihren Körper anzupassen, um Höhe zu gewinnen“, erklärt Erst-Autorin Elham Nourani vom Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie in Konstanz.

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Aus Mustern in den Daten geht nun hervor, dass der Schlüssel zum wachsenden Erfolg beim Fliegen der Jungadler eine stetig besser werdende Nutzung verschiedener Arten von Aufwinden in ihrem Lebensraum ist. Offenbar müssen junge Adler demnach ihr angeborenes Talent erst verfeinern. Konkret zeigte sich, dass die voll ausgewachsenen Jungadler nach dem Verlassen der Reviere ihrer Elternvögel ihre Flüge zunächst noch auf die Umgebung von Gebirgskämmen beschränkten. Wie die Forschenden erklären, kommt es an diesen Landschaftsstrukturen zu sogenannten orographischen Luftströmungen: Wind wird an den Erhebungen vertikal abgelenkt – die Luft steigt nach oben. Diese Aufwinde lassen sich anhand des Landschaftsbildes vergleichsweise einfach vorhersagen und werden deshalb wohl zunächst bevorzugt von den noch unerfahrenen Steinadlern genutzt, erklären die Forschenden.

Thermik-Nutzung wird gelernt

Wie aus den Daten hervorgeht, fliegen die Vögel mit zunehmendem Alter dann allerdings immer mehr in Bereiche ein, in denen die Strömungsverhältnisse der Luft nicht so klar aus der Topographie hervorgehen. Es zeichnet sich ab, dass die Adler zunehmend thermische Strömungen nutzen – warme Luft, die von flachen Landschaftsbereichen aufsteigt. Es liegt nahe, dass dies auf Lernprozessen basiert, die zu einem besseren Erkennen der thermisch aktiven Bereiche und ihrer Nutzung führen. „In den frühen Stadien ihrer Entwicklung besitzen die Tiere möglicherweise nicht die volle Fähigkeit, ihre Umwelt wahrzunehmen, wie dies in späteren Stadien der Fall ist“, schreiben die Autoren.

Wie sich zeigte, führt die zunehmend „kluge“ Nutzung der Luftströmungen zu einer enormen Ausweitung der Flugreviere der Jungadler: Ihr Lebensraum vergrößerte sich innerhalb von drei Jahren um mehr als das Zweitausendfache, berichten die Forschenden. „Anscheinend müssen selbst Adler, die sich ja in der Luft wie ein Fisch im Wasser zu bewegen scheinen, erst lernen, die zum Segelflug notwendige Energie aus der Thermik zu gewinnen“, resümiert Seniorautor Kamran Safi vom Max-Planck-Instituts für Verhaltensbiologie.

Wie das Team abschließend hervorhebt, haben die Ergebnisse neben der biologischen auch eine Bedeutung für das Adler-Management: “Wir brauchen Verbreitungs- und Bewegungskarten von Wildtieren, damit wir etwaige Konflikte zwischen ihnen und dem Menschen entschärfen können”, sagt Nourani. “Unsere Ergebnisse zeigen, dass sich diese Räume mit der Zeit verändern können. Dadurch können wir genauere Vorhersagen darüber machen, an welchen Stellen sich die Aktivität der Adler mit der des Menschen überschneiden“, so die Wissenschaftlerin.

Quelle: Max-Planck-Gesellschaft, Fachartikel: eLife, doi: 10.7554/eLife.98818.2

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