Seit der Einführung eines Impfstoffs gegen Mittelohrentzündung im Jahre 2000 hat sich in den USA ein resistenter Erreger entwickelt, der auf keines der herkömmlichen Antibiotika mehr anspricht. Es handelt sich dabei um einen Stamm des Bakteriums Streptococcus pneumoniae, das neben Mittelohrentzündungen auch andere Infekte, etwa Hirnhaut- oder Lungenentzündungen, verursachen kann. Entdeckt haben ihn amerikanische Mediziner bei neun Kindern, die trotz Schutzimpfung an einer Mittelohrentzündung erkrankt waren.
Die Mittelohrentzündung ist die häufigste von Bakterien verursachte Erkrankung bei Kindern und kann von verschiedenen Bakterienarten verursacht werden. Zu den häufigsten gehört Streptococcus pneumoniae, von dem unterschiedliche Stämme bekannt sind. Die Krankheit wird normalerweise mit Antibiotika behandelt, was jedoch zu einer zunehmenden Zahl resistenter Erreger führt. Seit wenigen Jahren gibt es zusätzlich die Möglichkeit einer Impfung bereits für kleine Kinder. In den USA verminderte die Einführung des Impfstoffs, PCV7 genannt, das Auftreten der Infektion, wobei sie auch gegen antibiotikaresistente Stämme wirkte. Die Anzahl der Neuerkrankungen in den USA sank seitdem um 20 Prozent, und auch die Dauer und die Zahl der Wiedererkrankungen nahmen ab.
Da die Einführung von Impfungen häufig mit Veränderungen der Erreger einhergeht, untersuchten Pichicherio und Casey nun, ob es solche Modifikationen mittlerweile auch bei Streptococcus pneumoniae gibt. Dabei entdeckten sie bei 9 von 59 mit den Bakterien infizierten Kindern eine Erregervariante mit verändertem Erbgut, die resistent gegen alle bei akuter Mittelohrentzündung in den USA zugelassenen Antibiotika war. Auch wenn die Anzahl der Erkrankungen durch den antibiotikaresistenten Erreger recht gering sei, seien die Ergebnisse der Studie doch besorgniserregend, so die Wissenschaftler. Die Entwicklung eines verbesserten Impfstoffs sei daher früher nötig als erwartet.
PCV7 ist auch in vielen Ländern Europas zugelassen, darunter auch in Deutschland. Seit 2005 wird die Impfung von der Ständigen Impfkommission (STIKO) des Robert Koch-Instituts empfohlen. Mittlerweile laufen auch bereits verschiedene klinische Studien zu neuen Impfstoffen, die statt sieben elf oder sogar dreizehn Erregervarianten erfassen.
Michael Pichicherio, Janet Casey (Universität von Rochester, New York): JAMA, Band 298, Seite 1772 ddp/wissenschaft.de ? Gesa Graser