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Wettlauf gegen das Vergessen: Forscher entwickeln Pillen für ein besseres Langzeitgedächtnis

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Wettlauf gegen das Vergessen: Forscher entwickeln Pillen für ein besseres Langzeitgedächtnis
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Amerikanische Wissenschaftler arbeiten an Medikamenten gegen das Vergessen. Sie sollen die Nervenzellen im Gehirn soweit anregen, dass Senioren wieder die Merkfähigkeit erlangen, die sie als junge Menschen einmal hatte. Manche Forscher äußern sich hingegen skeptisch, ob es eine solche “Wunderpille” jemals geben wird. Denn die Leistungsfähigkeit des Gehirns hängt von mehr Faktoren ab, als sich mit einem einzigen Medikament beeinflussen lassen.

Wenn Lara mit ihrer Großmutter spricht, hat sie das Gefühl, in eine eigenwillige Welt der Erinnerungen einzutauchen. “Die Ohrringe hast du als Kind schon getragen”, weiß die Oma noch. Dass sie vor ein paar Wochen zusammen Kuchen essen waren, hat sie dagegen vergessen. Laras Oma leidet an Alzheimer.

Der Medizin-Nobelpreisträger Eric Kandel macht Patienten wie Laras Großmutter nun Hoffnung: “In fünf Jahren wird es die Pille zur Verbesserung des Gedächtnisses geben”, verspricht der amerikanische Neurowissenschaftler. Er ist Mitbegründer des Unternehmens Memory Pharmaceuticals in Montvale (USA).

Zwar gibt es bereits verschiedene Präparate gegen Alzheimer und andere Demenzerkrankungen, die eine Verschlechterung der Hirnleistung verzögern können. Arzneimittel aus den Entwicklungslabors von Memory Pharmaceuticals sollen hingegen den Prozess des Vergessens quasi rückgängig machen. Die Nervenzellen im Gehirn – egal wie alt sie sind – sollen dazu angeregt werden, miteinander wieder neue Verknüpfungen einzugehen. Neue Verknüpfungen entsprechen mehr Platz für neue Inhalte, die auf diese Weise zuverlässig archiviert werden.

Der Kandidat, der solche Wunder vollbringen soll, heißt MEM 1003. Die Substanz lässt weniger Kalziumionen in die Nervenzellen des Gehirns eindringen. Dadurch reagieren diese empfindlicher und feuern eifriger Signale ab. Gemäß dem Prinzip, dass wo mehr gesendet wird, auch mehr empfangen und demzufolge gespeichert wird, soll die gesteigerte Neuronenaktivität das Gedächtnis wieder in Schwung bringen. “Mit diesem Prinzip können wir altersbedingte Gedächtnisverluste fast normalisieren”, behauptet das Unternehmen.

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Auch andere Forscher glauben, Substanzen gefunden zu haben, die dem Gedächtnis wieder auf die Sprünge helfen. Das sind vor allem die Entwickler von Helicon Therapeutics aus der Gegend um New York und von der Firme Cortex Pharamceuticals im kalifornischen Irvine.

Cortex versucht mit seinen Stoffen ebenfalls, an der Kalziumionen-Versorgung der Gedächtniszellen zu drehen. “Das verbessert die Wahrnehmung und das Gedächtnis”, erklärt James Coleman, Vizepräsident des Unternehmens. Der Spitzenkandidat namens CX-516 verhalf nach Angaben des Unternehmens gesunden Senioren im Alter von 65 bis 73 Jahren zur gleichen Merkleistung wie der von Studenten unter 30 Jahren, die als Kontrollgruppe dienten.

Ohne das Medikament erinnerten sich die älteren Testpersonen aus einer Liste von zehn bedeutungslosen Silben nach fünf Minuten durchschnittlich nur noch an eine Silbe. Mit dem Gedächtnisbooster waren es vier Silben. Allerdings war die Arznei so schwach, dass die Probanden davon enorme Mengen einnehmen mussten. Jetzt hofft Cortex auf einen bauähnlichen, verbesserten Verwandten, das CX-717. Die ersten Versuche für klinische Studien würden bereits geplant, sagt Coleman.

Allerdings soll das Mittel nicht etwa an älteren Patienten getestet werden, die ihr Gedächtnis verbessern wollen, sondern an Menschen mit Schlafentzug. Bei Affen haben die Forscher des Unternehmens nämlich beobachtet, dass deren Hirnleistung trotz Übermüdung mit dem Medikament auf den Normalzustand kletterte. Ohne das Mittel war die Leistung um ein Viertel gedämpft.

Auch die Konkurrenten Memory Pharamceuticals und Helicon Therapeutics verweisen bisher vor allem auf Ergebnisse aus Tierversuchen. Bei Helicon sind es Fruchtfliegen, die sich ihren Weg zur Futterquelle mehr als zehnmal rascher merkten als ihre unbehandelten Artgenossen. Ein molekularer Schalter für das Langzeitgedächtnis mit dem Kürzel CREB war in den Fliegen mit Superhirn gezielt angesprochen worden. “Die Substanz verwandelt Kurzzeitgedächtnis in Langzeitgedächtnis”, schildert Tim Tully von Helicon die Wirkung. “Das wird helfen, auch in hohem Alter noch fit im Kopf zu sein, wodurch die Senioren besser an Familie und Beruf teilhaben können.”

Einige Wissenschaftler äußern sich jedoch kritisch zu der Entwicklung der Gedächtnispillen. Denn Vergessen hat auch sein Gutes, lässt es doch Schmerzliches in die Vergangenheit entschwinden. Doch selbst, wenn die Sinnhaftigkeit der Gedächtnispillen nicht in Frage gestellt wird, könnten die von Kandel und Kollegen gesäten Erwartungen gleich einer Seifenblase zerplatzen. Hans Joachim Markowitsch, Gedächtnisforscher an der Universität Bielefeld, warnt: “Allein beim Kalziumkanal oder bei CREB anzusetzen, wird nicht allzu viel Verbesserung bringen.” Das menschliche Gedächtnis basiert nicht auf einem oder zwei molekularen Mechanismen, sondern hat viele Stellschrauben.

Eine Pille, die uns schlauer und merkfähiger macht, wird es also nicht geben. Allenfalls Medikamente, die in bestimmten Situationen spezifischen Fähigkeiten des Gehirns nachhelfen. Fraglich also, ob sich Menschen wie Laras Oma damit an den Kuchen vor ein paar Wochen erinnern werden.

ddp/wissenschaft.de – Susanne Donner
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