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Wenn das Schmerzempfinden fehlt…

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Wenn das Schmerzempfinden fehlt…
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Credit: Thinkstock
Aua! Wer in eine Reißzwecke tritt, entfernt den schmerzenden Plagegeist natürlich sofort. Doch es gibt Menschen, die würden einfach weiterlaufen: Eine seltene Erkrankung macht sie von Geburt an schmerzfrei, wodurch sie sich oft selbst gefährden. Wissenschaftler haben nun die dafür verantwortliche Genmutation entdeckt. Dies könnte nicht nur den Betroffenen nützen, sondern auch der Schmerzforschung zugute kommen sowie Ansatzpunkte zur Entwicklung von Medikamenten liefern.

Schmerz gilt landläufig eher als ein Problem: Er kann Betroffenen tüchtig die Lebensqualität vermiesen. Eigentlich handelt es sich aber um eine wichtige Warnfunktion des Körpers: Das Schmerzempfinden löst Vermeidungsverhalten aus, das uns vor Gefahren schützt oder vor Überbelastungen geschädigter Körperteile bewahrt. Wie wichtig diese Funktion ist, wird klar, wenn das Schmerzempfinden fehlt. „Die Betroffenen fallen meist im Kindesalter zum Zeitpunkt des Durchbruchs der ersten Zähne dadurch auf, dass sie sich selbst an Zunge, Lippen und Fingern verletzen, ja sogar Teile davon abbeißen”, erklärt die Erstautorin der Studie Michaela Auer-Grumbach von der Medizinischen Universität Wien. Die Schmerzfreiheit führt dann im Laufe des Lebens immer wieder zu unbemerkten Verletzungen, Verbrennungen und Knochenbrüchen, die oft spät erkannt werden. Unterm Strich gilt: Fehlendes Schmerzempfinden ist lebensgefährlich.

Schmerzfreiheit ist lebensgefährlich

Die Ergebnisse der Studie basieren auf Untersuchungen von zwei Kindern, die von angeborener Schmerzfreiheit betroffen sind. Um den genetischen Ursachen auf die Spur zu kommen, analysierten die Wissenschaftler das Erbgut beider Patienten. Beim Vergleich der Ergebnisse konnten sie in beiden Fällen Mutationen in einem Gen namens PRDM12 identifizieren. „Der Nachweis von Mutationen in demselben Gen bei zwei Patienten aus verschiedenen Familien mit sehr ähnlichem Krankheitsbild war bereits ein starker Hinweis, dass wir mit PRDM12 das verantwortliche Gen entdeckt hatten”, sagt Co-Autor Jan Senderek von der Universität München.

Bei der Untersuchung weiterer Patienten mit angeborenen Schmerzempfindungsstörungen stießen die Wissenschaftler auch noch auf weitere Mutationen in dieser Erbanlage. „Die Entdeckung der Ursache der Erkrankung ermöglicht nun die gezielte genetische Diagnostik und Beratung betroffener Patienten und ihrer Familien”, sagt Auer-Grumbach. So kann durch Aufklärung und Schulung der Patienten und ihrer Familien die Gefahr von schweren Verletzungen und Komplikationen frühzeitig vermindert werden.

Schlüsselerkenntnis für die Schmerzforschung

Neben dieser medizinischen Ebene hat die Erkenntnis aber auch eine große Bedeutung für die Schmerzforschung generell, betonen die Forscher. Sie fanden durch Versuche mit Froschlarven bereits Hinweise darauf, welche Funktion PRDM12 besitzt. Der Verlust von PRDM12 führt bei den Kaulquappen zu fehlerhafter Entwicklung von Nervenzellen, die für die Schmerzwahrnehmung wichtig sind. Die Wissenschaftler vermuten, dass es durch den Ausfall von PRDM12 zu einer Fehlsteuerung bisher noch unbekannter anderer Erbanlagen kommt, die für Entwicklung des Nervensystems und eine funktionierende Schmerzwahrnehmung notwendig sind.

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Die Ergebnisse könnten nun weitere Einblicke in die Entwicklung des Nervensystems und die Funktionsweise der Schmerzempfindung ermöglichen, sagen die Forscher. „Das Gen PRDM12 könnte auch als Angriffspunkt für neue Schmerzmedikamente interessant werden”, sagt Senderek. Ihm zufolge ist dazu aber noch einiges an Forschungsarbeit zu leisten: „Dazu müssten wir die Funktion von PRDM12 gezielt beeinflussen können, und da stehen wir noch ganz am Anfang”, so der Wissenschaftler.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Martin Vieweg
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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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