Am 11. November 2024 beginnt die Weltklimakonferenz COP29 im aserbaidschanischen Baku. Delegierte aus fast 200 Ländern werden erneut zusammentreffen, um zwei Wochen lang über Klimaschutz, Emissionsziele und nötige Maßnahmen zu diskutieren. Im Fokus stehen dabei die unzureichenden nationalen Minderungsziele (NDC) und Finanzhilfen für ärmere Länder. Doch die Chancen für größere Fortschritte stehen eher schlecht.
Hochwasser, Stürme, Brände und Dürren: Auch im Jahr 2024 haben sich die Wetterextreme weltweit verschärft – ein deutliches Warnzeichen, dass das Weltklima immer weiter aus dem Gleichgewicht gerät. Und auch bei den globalen Mitteltemperaturen deutet sich ein neuer trauriger Rekord an: Zum ersten Mal könnte die Erwärmung im Jahresmittel den Wert von 1,5 Grad gegenüber der präindustriellen Ära überschreiten. Dieser Wert war im Pariser Klimaabkommen als Grenzwert angegeben, über den man die Erwärmung nicht steigen lassen wollte.
Nationale Klimaschutzziele reichen nicht
Trotz des klar voranschreitenden Klimawandels gibt es beim Klimaschutz jedoch kaum Fortschritte: Noch immer steigen die CO2-Emissionen weltweit und die Klimaschutzziele der Länder reichen längst nicht aus, um den Klimawandel zu stoppen oder ausreichend zu bremsen, wie Ende Oktober der aktuelle “Emissions Gap Report” der UN-Umweltorganisation UNEP aufzeigte. Nach diesem erreicht die globale Erwärmung 2,6 Grad, selbst wenn alle Vertragsstaaten der Klimarahmenkonvention ihre offiziell eingereichten unbedingten und bedingten nationalen Selbstverpflichtungen umsetzen würden. Werden nur die nicht an bestimmte Voraussetzungen geknüpften unbedingten Maßnahmen und Ziele umgesetzt, wären es 2,8 Grad Erwärmung.
“Wir benötigen eine globale Mobilisierung in einem nie zuvor gesehenen Ausmaß und Tempo”, sagt Inger Andersen, Exekutivdirektor der UNEP. “Und wir müssen sofort beginnen oder das 1,5-Grad-Ziel ist tot und auch das Zwei-Grad-Ziel liegt auf der Intensivstation. Ich bitte alle Nationen: Bitte keine heiße Luft mehr.” Nach den Berechnungen der UNEP müsste der globale CO2-Ausstoß bis zum Jahr 2030 um 42 Prozent gegenüber dem Jahr 2019 sinken, bis 2035 um 60 Prozent – nur dann wäre das 1,5-Grad-Ziel zumindest langfristig einhaltbar. Auch wenn dieses Ziel den Report zufolge zumindest rein technisch erreichbar wäre, erscheint es angesichts der weltpolitischen Lage und den weiter steigenden CO2-Emissionen eher utopisch. Um die Erwärmung wenigstens noch auf zwei Grad zu begrenzen, wären Emissionsminderungen von 28 Prozent bis 2030 und 37 Prozent bis 2035 nötig – bisher sind die NDCs davon jedoch weit entfernt.
Die Kernthemen des Klimagipfels
Um diese “Emissions Gap” wird es auch beim Klimagipfel COP29 in Baku gehen. Die knapp 200 Vertragsstaaten der Klimarahmenkonvention werden weiter darüber verhandeln, wie die nächste Runde der nationalen Selbstverpflichtungen aussehen und welche Vorgaben dafür gelten sollen. Nach Beschluss des Parier Klimaabkommens sollen die NDCs in regelmäßigen Abständen überprüft und verschärft werden. Fällig ist diese Nachschärfung bis spätestens Februar 2025. “Die Konferenz sollte alle Länder auffordern, nicht nur Ziele für 2035 in ihren NDCs festzuschreiben, sondern auch ihre Ziele und Maßnahmen für den Zeitraum bis 2030 zu aktualisieren und deutlich zu verstärken”, kommentiert Wolfgang Obergassel vom Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie. Darüber hinaus sollten die nächsten NDCs konkrete Zeitpläne, Maßnahmen und sektorspezifische Minderungsziele umfassen und auch das Null-Emissionsziel langfristig festlegen.
Ein zweites Kernthema auf der Weltklimakonferenz ist die Finanzierung von Klimaschutz- und -anpassung in den ärmeren Ländern. “Die Länder des Globalen Südens haben sehr deutlich gemacht, dass sie erhebliche finanzielle Unterstützung benötigen, um ihren Beitrag zur Zielerreichung leisten zu können und sich zugleich besser gegen die Klimawandelfolgen schützen zu können,” erklärt Obergassel. Bei der letzten Klimakonferenz COP28 konnte hier keine Einigung erzielt werden, daher wurde das Thema auf die diesjährige COP29 vertagt. Konkret geht es dabei um zwei Kernfragen: Wie viel Geld wird benötigt? Und aus welchen Quellen sollen die erforderlichen Mittel kommen? Bisher gab es den „Green Climate Fund“, der jährlich von den reichen Industriestaaten mit 100 Milliarden US-Dollar gefüllt werden sollte.
Neueren Schätzungen zufolge werden die Entwicklungsländer jedoch rund eine Billion US-Dollar pro Jahr bis 2030 benötigen. Der unzureichende und umstrittene Fonds soll daher durch eine neue Finanzregelung ersetzt werden, das sogenannte New Collective Quantified Goal (NCQG). Dieses soll die internationale Klimafinanzierung auf eine breitere Grundlage stellen. Wie diese aussieht, muss nun in Baku diskutiert werden. So gibt es die Forderung seitens der “klassischen” Industrieländer, dass auch die reichen Länder des globalen Südens künftig einzahlen sollen. Zudem wird darüber verhandelt, in welchem Maße und in welcher Form auch private Gelder und neue Finanzierungsquellen –- beispielsweise internationale Steuern oder eine Reform der multilateralen Entwicklungsbanken – genutzt werden können. Auch die Frage, welche Maßnahmen und Länder die Gelder als Kredite und oder aber als Zuschuss erhalten sollen, ist strittig.
Quelle: UN Environment Programme (UNEP), Wuppertal Institut für Klima, Umwelt, Energie