Von unseren einheimischen Sängern bis zu den Exoten der Tropen: Einige Vögel geben bekanntlich erstaunlich laute Töne von sich, um Artgenossen zu beeindrucken. Doch welcher hält dabei den Rekord? Die lautesten bekannten Balzrufe lässt der im Amazonasgebiet beheimatete Einlappenkotinga (Procnias albus) erschallen. Die Männchen schreien aus kurzer Distanz mit bis zu 125 Dezibel auf ihre Weibchen ein, haben Wissenschaftler festgestellt.
Einige sind prächtig wie der Pfau, manche tanzen und andere machen bekanntlich akustisch auf sich aufmerksam: Die Männchen vieler Vogelarten haben teils erstaunliche Strategien hervorgebracht, um Weibchen für sich zu gewinnen. Bei einigen Spezies finden es die Damen offenbar sexy, wenn die Kandidaten besonders kraftvolle Töne von sich geben können. Ganz besonders durch Lautstärke will dabei offenbar der Einlappenkotinga überzeugen, haben Forscher um Jeff Podos von der University of Massachusetts in Amherst festgestellt.
Schreihälse mit Sexappeal
Sie haben die skurrilen Vögel im brasilianischen Regenwald beobachtet und dabei ihre Laute mit Mikrofonen erfasst. Wie sich zeigte, drehen die Männchen nicht etwa besonders auf, um sich weithin bemerkbar zu machen, sondern eher, wenn ein Weibchen sehr nahe ist: Aus einer Entfernung von teils nur vier Metern plärren sie den Vogeldamen ihre metallisch wirkenden Rufe mit Spitzenwerten von 125 Dezibel auf die Ohren. „Sie drehen sich dabei auch, um den letzten Ton des Rufs gezielt auf die Weibchen zu richten“, sagt Podos.
„Es erscheint überraschend, dass die Weibchen bei dieser Lautstärke freiwillig so nah bei den Sängern bleiben. Vielleicht wollen sie die Männchen aus nächster Nähe beurteilen, selbst wenn sie dabei sogar Gefahr laufen könnten, ihr Hörsystem zu schädigen“, sagt Podos. Offenbar gibt es beim Ausmaß der Beschallung wenigstens einen mildernden Effekt: Je lauter die Männchen rufen, desto kürzer dauert ihre Vorstellung, haben die Forscher festgestellt.
Ihnen zufolge scheint sich darin widerzuspiegeln, wie enorm anstrengend die Schallerzeugung für die nur etwa 250 Gramm schweren Vögel ist. Die Wissenschaftler wollen nun weiter erforschen, welche physikalischen und anatomischen Strukturen sowie Verhaltensweisen es den Einlappenkotingas ermöglichen, so laute Töne zu erzeugen und sie ohne Hörschäden zu ertragen.
Video: Anselmo d’Affonseca
Quelle: Cell Press, Fachartikel: Current Biology, doi: 10.1016/j.cub.2019.09.028