Ohne Bestäuberinsekten können sich viele unserer Nutzpflanzen nicht fortpflanzen und Früchte tragen. Welche Insekten das sind, ist jedoch oft nicht klar. So auch bei Kakopflanzen. Jetzt haben Forscher herausgefunden, dass bei deren Bestäubung offenbar Ameisen und Fliegen eine entscheidende Rolle spielen– und nicht wie bisher angenommen Bartmücken. Günstig für die Bestäubung ist es außerdem, wenn die Kakaoplantagen von schattenspendenden Bäumen umgeben sind.
Damit Pflanzen Früchte tragen können, müssen sie bestäubt werden. Manche Pflanzenarten können sich selbst bestäuben oder der Wind trägt ihren Pollen zur nächsten Pflanze. Oftmals sind es aber auch Insekten, die diese Funktion übernehmen. Viele der weltweit produzierten Nutzpflanzen hängen von solchen Bestäuberinsekten ab. Das macht die Tiere für unsere Lebensmittelversorgung unerlässlich. Welche Insektenarten welche Pflanze bestäuben, ist jedoch nicht immer klar.
Wer bestäubt die Kakaopflanzen?
Auch bei Kakaopflanzen (Theobroma cacao) als einem weltweit wichtigen Rohstofflieferant war bisher nicht sicher, welche Insekten für deren Bestäubung zuständig sind. Deshalb sind nun Wissenschaftler um Manuel Toledo-Hernández von der Universität Göttingen der Frage auf den Grund gegangen. Anhand ihrer Untersuchungen wollte das Forscherteam herausfinden, wie die Zahl der Kakaopflanzen- Bestäuber und ihre Leistung erhöht werden kann. Dazu führten die Forscher zwei Experimente mit 42 kleinbäuerlichen Kakao-Agroforstbetrieben in Zentralsulawesi in Indonesien durch. Zunächst gaben sie dafür über einen Zeitraum von acht Monaten einen speziellen Kleber auf mehr als 11.000 Blüten an mehr als 500 Bäumen. An diesem hingen die Blütenbesucher vorübergehend fest und so konnten sie ihre Anzahl und Art bestimmen.
In ihrem ersten Experiment untersuchte das Team auf 18 Farmen, welchen Einfluss die Entfernung zwischen Wald, den Agrarforstbäumen und der Farm auf das Vorkommen der Bestäuber hat und wie sich der Schattenwurf durch Bäume auswirkt. In ihrem zweiten Experiment maßen Toledo-Hernández und seine Kollegen auf 24 weiteren Kakaofarmen den Effekt des auf dem Boden liegenden Laubs auf die Bestäuber. Ihre Vermutung: Große Mengen der Laubstreu könnten zu einer erhöhten Biodiversität auf den Plantagen und damit auch zu einer größeren Zahl an Blütenbesuchern führen. In ihrem Versuch wurde das Laubstreu der Kakaopflanzen daher auf einigen Flächen erhöht und auf anderen entfernt oder im natürlichem Zustand belassen, um diese Hypothese zu prüfen.
Ameisen und Fliegen statt Bartmücken
Das Ergebnis: Die häufigsten Bestäuber der untersuchten Kakaopflanzen waren nicht die wie bisher angenommenen Gnitzen (Ceratopogonidae), blutsaugende Bartmücken. Stattdessen fingen Toledo-Hernández und sein Team an den Blüten der Kakaopflanzen viele Zweiflügler wie Fliegen und am häufigsten Ameisen. „Wir waren überrascht, dass wir keine Gnitzen gefangen haben, obwohl sie als wichtigste Bestäuber des Kakaos gelten“, so Toledo-Hernández. „Das zeigt, dass die Bestäuber vielfältiger sind als bisher bekannt, aber auch, dass es noch viel zu lernen gibt.“ Das Potenzial der Ameisen als Bestäuber drückt sich laut der Forscher nicht nur direkt durch den Transport von Pollen aus. Sondern auch indirekt dadurch, dass sie andere Bestäuber zu einem schnellen Blütenwechsel zwingen, wenn sie die Blüten besetzen.
Bei den Experimenten zeigte sich auch, welche Faktoren das Vorkommen der Bestäuberinsekten beeinflusst. Demnach erhöhen ein größeres Kronendach und vermehrter Schattenwurf die Häufigkeit von Ameisen und Dipteren, während die Entfernung zum Wald keinen Effekt hatte. Außerdem zeigte sich, dass Bäume in der Nähe der Plantagen die Häufigkeit von Fliegen und Ameisen erhöhen können, die Mengen an Laubstreu unter den Kakaobäumen dagegen keine Rolle spielt. „Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Erhaltung von Wäldern und Agroforsten in der Umgebung der Farm, die Beibehaltung des Kronendachs und ein Minimum an Laubstreu die Besucher von Kakaoblüten fördern“, folgerte das Forscherteam. „Daher sind Farmen mit Schattenbäumen, die in eine biodiversitätsfreundliche Landschaft eingebettet sind, wichtig für die Erhaltung potenzieller Bestäuber und Bestäubungsleistungen und damit für die Förderung eines nachhaltigen Kakaoanbaus.“
Die Erkenntnisse könnten für andere Plantagen hilfreich sein, um dort die Zahl und Leistung der Bestäuberinsekten zu erhöhen. „Aktuelle globale Kakao-Initiativen sollten die Rolle von biodiversitätsfreundlichen Lebensräumen für die Erhaltung von Bestäubern berücksichtigen, denn die Förderung von Bestäubern kann eine ökologische Alternative bieten, um hohe Erträge mit Naturschutz zu verbinden“, so die Wissenschaftler abschließend.
Quelle: Georg-August-Universität Göttingen, Fachartikel: Biological Conservation, doi: 10.1016/j.biocon.2021.109106