Mountainbiking ist ein beliebter, als naturnah geltender Sport. Doch wer ihn ausübt, sollte wissen, dass er damit auch die Natur rund um die Radwege beeinflusst – und das nicht nur im Moment des Vorbeifahrens. Laut einer aktuellen Analyse verfestigt das Mountainbiking beispielsweise die Böden, führt zu veränderten Pflanzengemeinschaften am Wegesrand und wirkt sich auf den Tag-Nacht-Rhythmus einiger Tiere aus. Allerdings müssen nicht alle Veränderungen zwingend negativ für die Natur sein.
Fast vier Millionen Menschen schwingen sich in Deutschland regelmäßig aufs Mountainbike, wie eine Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach ergeben hat. Das Fahrradfahren durch Feld, Wald und Wiese ist damit hierzulande eine der beliebtesten Freizeitaktivitäten. Doch für die Natur, die man dabei durchquert, hat die Sportart mitunter ökologische Folgen. Sie beeinflusst unter anderem Tiere, Pflanzen und Böden.
Böden verfestigen sich und erodieren
Um herauszufinden, wie genau Mountainbiking die Natur rund um die Radwege beeinflusst, haben Forschende um Lukas Kuwaczka von der Universität Bayreuth nun eine Meta-Analyse durchgeführt. Dafür trugen sie verschiedene Studien zusammen, die sich bereits mit den Umweltfolgen dieses Radsports beschäftigt haben, und werteten ihre Erkenntnisse gebündelt aus. Dabei zeigte sich, dass die Auswirkungen des Mountainbikens schon beginnen können, bevor auch nur ein einziger Radfahrer sich in den Sattel geschwungen hat, nämlich bereits beim Erschließen neuer Wege. Dieser erste größere Eingriff in die Natur führt laut Kuwaczkas Team zu besonders gravierenden Veränderungen.
Aber auch bereits vorhandene, vielbefahrene Strecken haben Auswirkungen auf die Natur. Diese betreffen drei Bereiche: Böden, Vegetation und Tierwelt. Was die Böden angeht, so verdichten sich diese in der Regel rasch, wenn jeden Tag das Gewicht mehrerer Reifen auf sie einwirkt. Laut einer der ausgewerteten Studien ist dieser Effekt auf Mountainbike-Strecken deutlich ausgeprägter als auf Wanderwegen. Dadurch dass die Radwege Wind und Wetter ausgesetzt sind, erodieren ihre Böden außerdem schneller, wie Kuwaczka und seine Kollegen ermittelt haben. Steile Strecken seien hiervon besonders betroffen.
Tiere verändern ihren Tag-Nacht-Rhythmus
Auch die Pflanzenwelt steht unter dem Einfluss von Mountainbike-Strecken. So berichtet das Forschungsteam zum Beispiel, dass die Vegetation am Wegesrand mit der Zeit lichter wird und sich in einigen Fällen aus weniger oder anderen Pflanzen zusammensetzt als zuvor. Hinzu kommt, dass an den Reifen der Räder Pflanzensamen hängen bleiben können, die die Mountainbiker dann unwissentlich auf ihren Touren verteilen. Das kann den Pflanzen bei ihrer Fortpflanzung und Verbreitung helfen. Doch statt Samen können sich genauso gut Pflanzenpathogene in den Reifen verfangen. Dazu zählt laut einer der Studien auch der Pilz Phytophthora ramorum, der die Krankheit des „plötzlichen Eichentodes“ auslöst.
Bei Tieren beeinflusst das Mountainbiking vor allem deren Verhalten, wie Kuwaczkas Team berichtet. Die Tiere meiden vielbefahrene Strecken jedoch nicht einfach nur, sondern passen auch ihre Tagesabläufe an die radelnden Besucher an. So zeigen zum Beispiel zwei Studien in Gebieten mit stark frequentierten Strecken, dass Maultierhirsche, Kojoten und Rotluchse ihre Aktivität in die Nacht verlegt haben, während Streifenskunke auf einmal schon am frühen Morgen aktiv werden. Bei Wapiti-Hirschen führte die Störung ihres Lebensraums außerdem dazu, dass sich ihre Ruhezeiten verkürzten. Der Goldwangen-Waldsänger war durch die Mountainbike-Strecken sogar weniger erfolgreich beim Brüten. Eine Studie ermittelte, dass die kleinen Singvögel ihre Nester in vielbefahrenen Gebieten dreimal häufiger aufgaben als in solchen ohne Radwege.
E-Bikes könnten Probleme verschärfen
Die ökologischen Folgen des Mountainbikings werden vermutlich umso ausgeprägter, je mehr Räder elektrisch fahren, schätzt Kuwaczkas Team. „Die zunehmende Nutzung von E-Mountainbikes wird zu einer größeren Anzahl und räumlichen Abdeckung durch Biker und damit zu einer steigenden Anzahl von Wegen führen“, so die Wissenschaftler. Mehr Wege bedeuten wiederum mehr Störungen der Natur. Außerdem werden mithilfe des E-Antriebs wahrscheinlich auch abgelegenere und steilere Hänge häufiger befahren, die bislang nur wenige Radsportfolgen tragen mussten.
Sowohl im Bereich herkömmlicher als auch elektrischer Mountainbikes weisen Kuwaczka und seine Kollegen allerdings daraufhin, dass sich anhand der bisher gewonnenen Erkenntnisse noch keine langfristigen Folgen für die Ökosysteme ablesen lassen. Dementsprechend lässt sich auch noch nicht mit Sicherheit sagen, welche der bisher ermittelten Folgen von Mountainbiking überhaupt langfristig negativ für die Natur sind. Diese Einschätzung hinge auch davon ab, ob etwa geschützte oder seltene Arten besonders unter ihnen leiden, doch die Datenlage hierzu ist noch dünn.
Laut Kuwaczkas Team könnten Outdoor-Sportarten wie Mountainbiking aber auch eindeutig positive Auswirkungen haben: Sie sensibilisieren Menschen für die Schönheit und Bedeutsamkeit der Natur und haben daher das Potenzial, einen achtsamen Umgang mit ihr zu fördern.
Quelle: Universität Bayreuth; Fachartikel: Global Ecology and Conservation, doi: 10.1016/j.gecco.2023.e02475