Auf der Suche nach den Samen von Nadelbäumen nutzt die Wanze Leptoglossus occidentalis das Infrarotlicht, das diese abstrahlen: Die Zapfen, die den Samen und damit die Leibspeise der Insekten enthalten, sind um 15 Grad Celsius wärmer als der Rest des Baums und strahlen entsprechend mehr Wärme ab. Für die Tiere, die diese Strahlung wahrnehmen können, sehen die Zapfen daher wie Kerzen an einem Weihnachtsbaum aus, berichten Stephen Takács von der Simon-Fraser-Universität in Burnaby und seine Kollegen.
Tiere nutzen bei der Futtersuche Reize wie Geruch, Geräusche oder besondere äußerliche Erkennungsmerkmale. Schlangen oder Fledermäuse orientieren sich zum Beispiel an der Infrarotstrahlung, die ihre warmblütige Beute abgibt. Auch einige wenige Insekten, die sich von Blut ernähren, können ihre Opfer anhand von Infrarotstrahlung ausfindig machen. Bisher war allerdings unbekannt, dass auch die Infrarotstrahlung lebender Pflanzen als Futterreiz genutzt wird, der schon von weitem sichtbar ist.
Die Wissenschaftler untersuchten die Wanzenart Leptoglossus occidentalis, die am Hinterleib mit acht sogenannten Infrarot- Rezeptoren ausgestattet ist. Die Forscher konnten zeigen, dass die Tiere diese Rezeptoren nutzen, um Infrarotstrahlung gezielt zu folgen. Dieser Orientierungssinn war allerdings vollständig außer Kraft gesetzt, nachdem die Wissenschaftler die Rezeptoren künstlich abgedeckt hatten. Leptoglossus occidentalis setzt diese Fähigkeit ein, um die Zapfen von Nadelbäumen zu finden. Den Verzehr von Samen durch die Wanzen gleichen die Bäume dadurch aus, dass sie gelegentlich übermäßig viele Früchte produzieren.
Stephen Takács (Simon Fraser Universität in Burnaby, Canada) et al.: Proceedings of the Royal Society: B, Online-Vorabveröffentlichung, DOI:10.1098/rspb.2008.0742 ddp/wissenschaft.de ? Sonja Römer