Woher kommt das Wasser, das die Menschen einer Region nutzen? Hinweise zum Ursprung und Weg des kostbaren Nasses kann der Nachweis von Erbgut bestimmter Mikroben im Wasser liefern, zeigt eine Studie am Beispiel der Region um den japanischen Vulkan Fuji. Neben weiteren Tracer-Substanzen belegten DNA-Spuren von Mikroben aus tiefen Gesteinsschichten, dass das Regenwasser auf dem Berg teilweise überraschend weit einsickert und dann im Untergrund zu den Quellen am Fuß des Vulkans fließt. Die Studie verdeutlicht damit das Potenzial dieser Nachweismethode für die Hydrogeologie, sagen die Forscher.
Natur, Landwirtschaft und die Versorgung der Bevölkerung – unsere Welt ist bekanntlich fundamental vom Wasser abhängig. Deshalb kommt auch der Erforschung der Faktoren, die mit dem kostbaren Lebenselixier zusammenhängen, eine große Bedeutung zu. Die Hydrogeologie befasst sich dabei mit dem Wasser in der Erdkruste. Unter anderem steht die Frage im Fokus, wie sich Quellen in einer Region speisen. Einblicke können dem nachhaltigen Wassermanagement zugutekommen. Versteht man das System besser, lässt sich außerdem nachvollziehen, wie es zu Verschmutzungen kommen kann. Anhand bestimmter Substanzen im Wasser sind zwar bereits Rückschlüsse auf Ursprünge und Wege des Wassers möglich. Doch um die Nachweismöglichkeiten weiter zu verfeinern, sind neue Tracer-Verfahren stets willkommen. Die Studie der Forscher um Oliver Schilling von der Universität Basel zeigt nun das Potenzial von biologischen Komponenten auf.
Wie fließt das Wasser im Fuji?
In ihrem Fokus stand die Hydrogeologie des berühmten Vulkanberges auf der japanischen Hauptinsel Honshū: Der auch als Fudschijama bekannte Fuji wird dort als “Wasserberg” bezeichnet, denn zahlreiche Quellen entspringen in seinem Fußbereich. Obwohl die Geologie des Fuji intensiv erforscht wurde, gibt es nach wie vor Unklarheiten über seine Hydrologie. Man vermutete bisher, dass das aus Niederschlägen stammende Wasser nur in oberflächennahen Grundwasserleitern zu den tiefer gelegenen Quellen strömt. „Das Grundwassersystem des Fuji war mit Standardmethoden bisher nicht so gut zu untersuchen“, erklärt Schilling. Gemeinsam mit seinen Kollegen hat er deshalb versucht, mit alternativen Ansätzen dem Weg des Wassers auf die Spur zu kommen. Sie führten dazu umfangreiche Untersuchungen von Quellwasser durch und entwickelten Modelle.
In ihrer Studie zeigen sie nun auf, dass sich anhand von drei speziellen Tracer-Komponenten im Wasser ein klareres Bild von der Hydrogeologie des Fuji ergibt. Demnach liefern die relativ hohen Gehalte des Edelgases Helium sowie des Spurenelements Vanadium im Quellwasser wichtige Hinweise. Im Zusammenhang mit bekannten geologischen Merkmalen des Vulkanberges zeichnet sich ab, dass diese Substanzen in großen Tiefen ins Grundwasser gelangt sind. Entscheidend bestätigen konnten die Forscher diese Hinweise allerdings durch den Nachweis von biologischen Molekülen.
Spuren von Mikroben aus der Tiefe
Sie konnten in dem Quellwasser Spuren von DNA nachweisen, die den Merkmalen zufolge von sogenannten extremophilen Mikroben stammt. Es handelt sich um Erbgutfragmente von speziellen Vertretern der Archaeen, die bekanntermaßen nur in einer Tiefe von 500 bis 1000 Metern vorkommen. Offenbar waren demnach Teile des Grundwassers, das die Quellen speist, durch entsprechende Bereiche des Berges geflossen. „Mikrobielle Umwelt-DNA kann einen Hinweis auf die Fließpfade des Grundwassers liefern, wenn man sie mit anderen, unabhängigen Tracern wie etwa Edelgasen kombiniert“, sagt Schilling. „Alle drei natürlichen Tracer erzählten uns die gleiche Geschichte: Es gibt am Mount Fuji eine systematische Tiefendynamik des Wassers. Solche Analysen sind der Schlüssel, um das System zu verstehen“, so der Hydrogeologe.
Die Ergebnisse erweitern nicht nur das hydrogeologische Verständnis des Fuji, sondern zeigen das grundlegende Potenzial der Kombination von Umwelt-DNA, Edelgas- und Spurenelementanalysen für die Grundwasserforschung auf, betonen die Wissenschaftler. “Das ist eine riesige Toolbox, die neu ist für unseren Forschungsbereich”, sagt Schilling. Er gibt dazu auch ein konkretes Beispiel mit Blick auf die Schweiz. Dort könnte der Nachweis von Umwelt-DNA dabei helfen, die Herkunft des Wassers nachzuvollziehen, das für die Aufbereitung zu Trinkwasser aus dem Untergrund gepumpt wird. „Ein großer Anteil an Erbgutspuren von speziellen kälteliebenden Mikroben kann dabei darauf hindeuten, dass Schmelzwasser aus Schnee und Gletschern einen wesentlichen Anteil am Grundwasser hat“, so Schilling.
Quelle: Universität Basel, Fachartikel: Nature Water, doi: 10.1038/s44221-022-00001