Video: So sieht es aus, wenn ein Gorilla einen sandigen Appfel putzt. (Credit: PLoS ONE, doi: 10.1371/journal.pone.0188866)
Wie die Forscher um Damien Neadle von der University Birmingham berichten, geht aus ihren Versuchen mit in Gefangenschaft gehaltenen Gorillas hervor: Die Tiere entwickeln Säuberungsverhalten von sich aus – sie reagieren spontan auf verschmutzte Nahrung mit Strategien, die verhindern, “Dreck” zwischen die Zähne zu bekommen. Diese Ergebnisse, stellen damit bisherige Annahmen in Frage, wonach es sich beim Putz-Verhalten um eine Tradition handelt, die unter den Tieren durch Abschauen weitergegeben wird.
Putz-Kultur oder individuelle Entwicklung?
Klar ist aus frühren Studien, dass wildlebende Westliche Flachlandgorillas (Gorilla gorilla gorilla) in einer Weise auf verschmutzte Nahrung reagieren, die auch für uns Menschen typisch ist: Sie befreien die Nahrungsobjekte ihres natürlichen Lebensraums durch verschiedene Strategien von den Substanzen, die sie offenbar beim Verzehr nicht mitfressen wollen. Im Rahmen dieser Beobachtungen stellte sich allerdings die Frage, inwieweit Individuen dieses Verhalten selbst hervorbringen oder ob es auf sozialen Lernprozessen basiert – es sich um eine Art Putz-Kultur handelt.
Um dieser Frage nachzugehen, hat das internationale Forscherteam Versuche mit fünf Westlichen Flachlandgorillas vom Wolfgang Kohler Primaten-Forschungszentrum des Leipziger Zoos durchgeführt. Wie die Verhaltensforscher berichten, hatten die Versuchstiere zuvor keinen Kontakt zu Gorillas, die bereits Säuberungsverhalten zeigen. Im Rahmen der Tests gaben sie den Tieren neben den gewohnt sauberen Äpfeln auch mit Sand überzogene Versionen dieser Leckerbissen. Anschließend beobachteten sie, wie die Affen auf diese Beeinträchtigung der Nahrungs-Qualität reagieren.
Gorillas putzen von sich aus
Es zeigte sich: Alle Gorillas im Test waren offenbar von dem Sand irritiert und machten Anstalten, ihn von den Äpfeln zu entfernen. Ihre Bewegungen und Strategien wirkten dabei erstaunlich menschlich: Sie entfernten den Sand beispielsweise mit den Fingerspitzen, schleuderten ihn mit einer schnellen Streifbewegung der Rückhand weg oder rieben den Apfel an ihrem haarigen Unterarm. “Sie zeigten mindestens eine der Reinigungstechniken, die auch von Tieren in freier Wildbahn bekannt sind”, sagt Neadle. “Da diese beiden Gruppen kulturell nicht miteinander verbunden sind, deutet dies darauf hin, dass soziales Lernen nicht erforderlich ist, damit dieses Verhalten entsteht”, resümiert der Verhaltensforscher.
Ihm zufolge schließen die Ergebnisse allerdings nicht aus, dass auch das Lernen eine Bedeutung bei dem Verhalten haben kann. “Soziales Lernen trägt möglicherweise zu seiner Häufigkeit bei”, sagt Neadle. “Die Beobachtungen betonen allerdings die grundlegende Rolle des individuellen Lernens bei der Entstehung des Putzverhaltens bei Westlichen Flachlandgorillas”, resümiert Neadle. “Möglicherweise handelt es sich somit um eine Art ‘weiche’ Kultur”, meint der Wissenschaftler.
Quelle: University of Birmingham