Der Untersuchung zufolge hören die Bären tiefe Frequenzen besser als hohe. Allerdings konnten die Forscher durch ihren Versuchsaufbau nur Töne bis 125 Herz ? das ist entspricht etwa dem h in der zweiten Oktave unterhalb des Kammertons a ? testen. Diese Töne vermochten die Eisbären zu erkennen. Bei Tönen über 20 Kilohertz, die auch für Menschen im Ultraschallbereich liegen, sank ihr Hörvermögen stark ab.
Die Forscher vermuten, dass die Anpassung an tiefe Töne einfach eine Frage der Größe ist. Um ihre bevorzugte Nahrung ? Robben ? aufzuspüren, benötigen Eisbären jedenfalls kein auf hohe Töne spezialisiertes Gehör. Ob Braun- oder Schwarzbären, die kleine, fiepende Nagetiere jagen, ein anderes Hörspektrum haben, ist unbekannt.
Als nächsten Schritt wollen die Forscher nun ergründen, welche Zivilisationsgeräusche bis in eine Eisbärenhöhle vordringen. Weibliche Eisbären verbringen mit ihren neugeborenen Jungen zunächst einige Monate in einer Schneehöhle, bevor sie sich mit dem Nachwuchs nach draußen wagen. Bowles vermutet, dass zu viel Krach die Bärenmütter bei der Aufzucht stören könnte.
Im kommenden Winter wollen die Forscher daher die akustischen Bedingungen in einer Schneehöhle in der Prudhoe Bay untersuchen, dem Hauptfördergebiet der US-Erdölindustrie. Durch Klimawandel und den wachsenden Rohstoffhunger rücken Zivilisation und Eisbären in der arktischen Tundra Nordamerikas immer näher zusammen. Ann Bowles hat allerdings nicht vor, eine bewohnte Höhle zu belauschen. Dafür hat die Biologin zu viel Respekt vor den riesigen Raubtieren. “Die meiste Zeit sind sie süß und freuen sich, wenn man ihnen Futter mitbringt”, berichtet die Biologin über ihre Erfahrungen mit den Zoobären. “Aber dann kommt der Tag, wo man selbst das Futter ist. Sie sind sehr opportunistische Raubtiere.”