“Ja”, sagen die Vertreter des Ökologischen Landbaus und verweisen auf verschiedene Studien. Aktuellstes Beispiel ist eine Untersuchung der Universität von Kalifornien in Davis. Zehn Jahre lang bauten die Wissenschaftler Tomaten auf zwei benachbarten Feldern an, eines auf konventionelle Weise, eines nach den Regeln des ökologischen Landbaus. Das Ergebnis: Die Bio-Tomaten enthielten deutlich mehr gesundheitsfördernde Flavonoide. Diese wirken entzündungshemmend und können zum Beispiel Gefäßerkrankungen vorbeugen.
“Was die amerikanische Studie sehr stark macht, ist die Untersuchungsdauer von zehn Jahren”, sagt Gabriela Wyss vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL). Im Lauf der Zeit nahm der Gehalt an Flavonoiden in den Bio-Tomaten zu für die Forscherin ein Hinweis, dass sich der Boden durch die ökologische Bewirtschaftung immer weiter verbessert. Dabei brachten die amerikanischen Wissenschaftler mit den Jahren immer weniger Biodünger auf das Feld. Daraus schließen sie, dass eine Überdüngung egal ob im konventionellen oder im ökologischen Landbau den Gesundheitswert der Tomaten verringert. Da Bio-Bauern keine rasch wirksamen, mineralischen Stickstoffdünger verwenden, ist eine Überdüngung im Ökolandbau aber unwahrscheinlicher.
Natürlich sind die Kalifornier nicht die ersten, die Bio-Tomaten mit konventionell erzeugten verglichen haben. Drei verschiedene europäische Untersuchungen kommen allerdings zu drei unterschiedlichen Ergebnissen: Einmal schneidet die Bio-Ware besser ab, einmal schlechter und in der dritten Studie genauso gut wie die konventionellen Tomaten.
Ähnlich uneinheitlich sieht die Datenlage bei anderen Lebensmitteln aus. Das von Biobauern und Wissenschaftlern 1973 als private Stiftung gegründete Forschungsinstitut FiBL hat in einem Dossier zur Qualität und Sicherheit von Bioprodukten sieben Übersichtsarbeiten zusammengefasst und kommt zu dem Schluss, dass sich pflanzliche Bio-Lebensmittel durch einen höheren Gehalt an sekundären Pflanzenstoffen, zum Beispiel Flavonoide, und Vitamin C auszeichnen. Dabei handelt es sich aber um generelle Tendenzen.
“Entscheidend sind die Sortenunterschiede”, sagt Thomas Alföldi, Mitautor der Auswertung. Das heißt, dass zwischen zwei Apfelsorten ein größerer Unterschied bestehen kann als zwischen einem Elstar aus ökologischem und einem aus konventionellem Anbau. Selbst Äpfel von ein und demselben Baum können sich deutlich in ihrer Zusammensetzung unterscheiden. “Manchmal hängt das davon ab, ob ein Apfel innen oder außen in der Baumkrone wächst”, erzählt Alföldi.
Auch bei tierischen Produkten beobachten Forscher gewisse Tendenzen. Die Datenlage ist hier aber dünner als bei Obst und Gemüse. Einige Studien zeigen, dass die Zusammensetzung der Fettsäuren bei Milch und Fleisch häufig günstiger ist. Verantwortlich dafür ist die unterschiedliche Fütterung: Bio-Kühe erhalten viel Weidegras und Heu und nur wenig Kraftfutter. Im Vergleich zu Fisch enthält aber selbst Bio-Milch nur wenig gesundheitsfördernde Omega-3-Fettsäuren. “Man müsste zwischen 27 und 40 Liter Bio-Milch trinken, um den Omega-3-Fettsäuregehalt eines Lachsfilets zu erreichen”, rechnet Alex Avery vor. Der Amerikaner arbeitet im Auftrag des Hudson Institute im Bundesstaat New York, welches unter anderem vom Pflanzenschutzmittelhersteller Monsanto unterstützt wird.
Tatsächlich ist noch kaum untersucht, ob und wie sich Bio-Produkte im Vergleich zu konventionellen auf die Gesundheit auswirken. “Dafür sind Langzeitstudien nötig, bei denen man die Leute fast einschließen müsste”, erklärt Gabriela Wyss. Selbst bei Nonnen, die in ihrem Kloster alle unter ähnlichen Bedingungen leben, sei es schwer sicherzustellen, dass sie über eine möglichst lange Zeit nur Bio-Produkte essen.
Nach Ansicht zahlreicher Ernährungswissenschaftler ist für die Gesundheit vor allem eine ausgewogene Ernährung wichtig. Wer sehr fett- und kalorienreich isst, lebt also nicht gesünder, bloß weil er dabei zu Bio-Fleisch und Öko-Chips greift. Umgekehrt schützen viel Obst und Gemüse vor Krebs und Herz-Kreislauf-Erkrankungen, und zwar selbst dann, wenn sie aus konventionellem Anbau stammen. “Bio allein macht nicht gesünder”, fasst auch Alföldi seine Ergebnisse zusammen, setzt aber hinzu: “Bioprodukte können allerdings einen unterstützenden Effekt haben.”