Warum Menschen mit Down-Syndrom seltener an Krebs erkranken, haben nun Forscher herausgefunden: Bestimmte Gene, die auf dem Chromosom 21 liegen, unterdrücken die Bildung neuer Blutgefäße. Da das Chromosom 21 beim Down-Syndrom dreimal anstatt zweimal vorliegt, können mehr Gene vor Krebs schützen. Kwan-Hyuck Baek vom Children?s Hospital in Boston und seine Kollegen bekamen bei ihren Untersuchungen auch einen tieferen Einblick, wie die Gene genau Einfluss nehmen und glauben dadurch, Krebs in Zukunft effektiver bekämpfen zu können.
Die Bildung von Blutgefäßen ist wichtig für das Wachstum von Tumoren, da diese eine gute Blutversorgung benötigen. Ein Ansatz, das Tumorwachstum einzudämmen, ist, die Blutzufuhr einzuschränken und die Geschwüre sozusagen verhungern zu lassen. Die Forscher fanden nun auf dem Chromosom 21 das Gen DSC1, das ein bestimmtes Eiweiß produzieren lässt. Dieses Eiweiß bindet sich im Körper an das Enzym Calcineurin. Dadurch kann das Enzym nicht mehr auf dem üblichen Weg mit den Zellen der Blutgefäßwände in Kontakt treten, woraufhin diese kaum noch wachsen und fast keine Blutgefäße mehr gebildet werden.
Die Wissenschaftler beobachteten, dass sie die Bildung von Blutgefäßen deutlich reduzieren konnten, wenn sie das Enzym Calcineurin direkt angriffen. Sie fanden außerdem ein Zusammenspiel des Gens DSC1mit einem weiteren Gen des Chromosoms 21, dem Gen Dyrk1a. Gemeinsam wirkten die beiden Gene sowohl in Mäusen als auch in menschlichen Stammzellen gegen Tumoren. Die Forscher vermuten, dass insgesamt vier bis fünf Gene auf dem Chromosom 21 notwendig sein könnten, um die Bildung von Blutgefäßen erfolgreich zu unterdrücken.
Da es nur sehr wenige Menschen mit Down-Syndrom Krebs bekommen, vermuten die Forscher, dass die Gene des Chromosoms 21 einen nahezu vollständigen Schutz vor Tumoren bieten. In weiteren Forschungsarbeiten wollen die Forscher klären, wie sie die Bildung von neuen Blutgefäßen selektiv in Krebsgeschwüren unterdrücken können und wie die Gene bei Down-Syndrom-Patienten diese Selektivität erreichen, um wirksame Therapien gegen Krebs zu entwickeln.
Kwan-Hyuck Baek (Children?s Hospital, Boston) et al.: Nature, Online-Vorabveröffentlichung, doi: 10.1038/nature08062 ddp/wissenschaft.de ? Bele Boeddinghaus