Im Gegensatz zu den meisten anderen Gruppen entschieden sich die Amerikaner daher jetzt dafür, nicht die lokale, sondern die allgemeine Reaktion des Immunsystems auf eine Influenza-Infektion zu beobachten. Ihre These: Die Bekämpfung eines Virus erfordert so viele Veränderungen und Umbauten im Immunsystem, dass eine nachfolgende Konfrontation mit einem zweiten Erreger zwangsläufig auch eine veränderte Immunantwort hervorrufen muss. Die Wissenschaftler infizierten also Mäuse mit Influenza-Viren und steckten sie einige Tage später mit Bakterien an, die vor allem die Leber befallen. Tatsächlich war der Verlauf der Erkrankung bei dieser Co-Infektion völlig anders als bei Mäusen, die jeweils nur mit einem Erreger fertig werden mussten. Das Hauptproblem: Die typischen Abwehrmaßnahmen vor Ort in der Leber liefen nur sehr schleppend, wenn überhaupt an.
Schuld daran ist anscheinend ein erhöhter Stresshormonspiegel, den der Mäusekörper als Reaktion auf die Grippe-Schäden an der Lunge bildet. Da Cortisol und Co bekanntermaßen entzündungshemmend wirken, scheint eine Erhöhung des Spiegels in einer solchen Situation auf den ersten Blick unsinnig zu sein. Offenbar ist sie aber überlebenswichtig, entdeckten die Forscher: Unterdrückten sie nämlich die Stresshormonbildung, lief die Entzündungsreaktion in der Lunge Amok, sobald die Mäuse mit Viren und Bakterien infiziert wurden. Die Folge: Das Lungengewebe wurde zerstört und die Tiere starben. Um bessere Behandlungsmöglichkeiten für Co-Infektionen zu entwickeln, müsse also nach einer Möglichkeit gesucht werden, die bakterielle Abwehr wieder anzukurbeln, ohne das Immunsystem außer Kontrolle geraten zu lassen, so die Forscher.