Das tun zwar Angehörige anderer Sprachräume auch, aber die Kategorien unterscheiden sich zum Teil deutlich von den hier gebräuchlichen. So kennen viele Sprachen beispielsweise keinen Unterschied zwischen Blau und Grün. Daran hängt sich auch die zentrale Frage der Linguisten und Psychologen auf: Nehmen Menschen, die diese Sprachen sprechen, Blau und Grün tatsächlich anders wahr als Europäer und Nordamerikaner oder nicht? Frühere Studien lieferten dabei widersprüchliche Ergebnisse ? einige konnten einen Einfluss der Sprache auf die Farbwahrnehmung nachweisen, andere nicht.
Das könnte daran liegen, dass beides richtig ist, glaubt Studienleiter Paul Kay nun. Nach den neuen Ergebnissen wird nämlich nur das, was von der linken Hirnhälfte wahrgenommen wird, durch die Sprache beeinflusst, der Rest jedoch nicht. Das konnten die Forscher jetzt in mehreren Tests mit insgesamt 27 Probanden nachweisen. Die Teilnehmer konnten beispielsweise sehr ähnliche Farben, die aber verschiedenen Kategorien angehörten, im rechten Teil des Gesichtsfeldes schneller unterscheiden als im linken ? wahrscheinlich deswegen, weil die sprachliche Differenz den Unterschied bei der Wahrnehmung verstärkte. Bei Farben der gleichen Kategorie überdeckte dagegen die Zuordnung zum gleichen Namen den Unterschied, und die Probanden erkannten sie mit dem rechten Auge langsamer als mit dem linken.
Besonders aufschlussreich war nach Ansicht der Forscher jedoch der letzte Versuch: Wird das Sprachzentrum während der Farbtests mit einer zusätzlichen Aufgabe beschäftigt, bleibt keine Kapazität übrig, um die Farbwahrnehmung zu beeinflussen und der Effekt verschwindet. Eine Aufgabe, die das räumliche Gedächtnis fordert, hatte hingegen keinen Einfluss. Der ausgeprägte Unterschied zwischen den beiden Hirnhälften könnte demnach die Erklärung für die bisherigen widersprüchlichen Ergebnisse sein, glauben die Wissenschaftler.