Der Waldboden ist ein wichtiger Kohlenstoffspeicher und Lebensraum für unzählige Organismen. Experten haben ihn deshalb nun zum Bodes des Jahres 2024 gekürt. Als exemplarischer Titelträger dient dabei der Boden des Tharandter Waldes in der Nähe von Dresden. Da er sich nicht für den Ackerbau eignet, ist er noch verhältnismäßig urtümlich und besitzt die für natürliche Waldböden typische, nährstoffspendende Humusschicht aus abgestorbenen Tier- und Pflanzenteilen. Doch immer mehr Waldböden stehen vor großen Problemen.
Der Boden unter unseren Füßen ist wertvoller als vielen bewusst sein mag. So befinden sich in einer einzigen Handvoll Erde zum Beispiel mehr Mikroorganismen als Menschen auf der Erde. Außerdem speichert der Boden mehr Kohlenstoff als die Vegetation, er schützt vor Erosion, filtert Schadstoffe und ist essenziell im Kampf gegen den Klimawandel. Um auf diese häufig unterschätzten Dienste des Bodens aufmerksam zu machen, wählt ein Expertengremium unter Leitung des Umweltbundesamts und des Bundesumweltministeriums seit 2004 alljährlich den Boden des Jahres.
Die Basis des Waldes im Fokus
Für das Jahr 2024 geht der Titel „Boden des Jahres“ nun an den Waldboden. „Den Waldboden als konkreten Einzeltyp gibt es eigentlich gar nicht“, erläutert Karl-Heinz Feger von der TU Dresden, Präsident der Deutschen Bodenkundlichen Gesellschaft. „Der Untergrund in unseren Wäldern setzt sich aus einer breiten Vielfalt ganz unterschiedlicher Bodentypen zusammen.“ Welcher Boden sich an einem Standort entwickelt hat, hängt vom Zusammenspiel verschiedener Faktoren wie dem Ausgangsgestein, der Vegetation, dem Klima, aber auch dem Einfluss des Menschen ab.
Als exemplarischer Titelträger für den Waldboden dient daher der Boden des Tharandter Waldes in der Nähe von Dresden. Er besteht aus sogenanntem Pseudogley, einem in mitteleuropäischen Wäldern häufigen Bodentyp. Typisch dafür ist eine Marmorierung aus hellen und rostbraunen Flecken sowie eine Abfolge stark verdichteter, toniger Bodenschichten, die das Wasser im Erdreich stauen. Das macht Böden diesen Typs nur schwer zu bewirtschaften und somit weitestgehend ungeeignet für den Ackerbau. Der Tharandter Wald konnte daher verhältnismäßig ungestört vom Menschen wachsen.
Ebenso wie andere Formen natürlicher Waldböden hat der Pseudogley zahlreiche nützliche Eigenschaften, die ihn für Natur und Mensch unentbehrlich machen. So dienen er und andere Waldböden etwa als wichtiger Lebensraum für Pflanzen, Tiere, Pilze und Mikroorganismen. Aus Laub und anderen abgestorbenen Pflanzenteilen stellen diese in den Waldböden eine Humusauflage her, die die Bäume mit Nährstoffen versorgt und gleichzeitig große Mengen Kohlenstoff speichert. Damit stabilisiert der Waldboden sogar das Klima. Gleichzeitig verhindert er Erosion und hält Starkregen zurück, womit er einen natürlichen Hochwasserschutz bildet.
Waldböden haben es schwer
Doch viele vom Menschen bewirtschaftete Wälder können all diese nützlichen Funktionen nicht mehr erfüllen. Indem etwa nicht zum Boden passende Baumarten gepflanzt wurden oder regelmäßig schwere Forstmaschinen über den Waldboden fahren, wird der Boden verdichtet, die Humusschicht geht kaputt und mit ihr ein wichtiger Bestandteil natürlicher Waldböden. Gleichzeitig sind weltweit viele Wälder von der Abholzung bedroht. Man schätzt, dass in Deutschland bis vor 5.000 Jahren noch 90 Prozent der Landesfläche mit Wäldern bedeckt waren. Durch den Ackerbau ist es heute nur noch knapp ein Drittel. Außerdem wachsen die verbliebenen Wälder meist auf nicht für die Landwirtschaft geeigneten, nährstoffarmen und steinigen Böden, was sie besonders anfällig für Störfaktoren macht.
Doch die Waldböden sind noch einer Reihe weiterer menschengemachter Stressoren ausgesetzt. So hat die Industrialisierung etwa dazu geführt, dass der Oberboden durch eine flächendeckende Versauerung, durch den Eintrag von Schwermetallen und durch Nährstoffverarmung geschädigt ist. Durch den Klimawandel sind Wälder und Waldböden zudem immer häufiger von Trockenheit, Bränden und Stürmen betroffen, die im Verbund mit Schädlingsbefall zum großflächigen Absterben der Bäume führen. Diese Kahlflächen setzen wiederum CO2 frei und verlieren durch die Erosion weiter an Nährstoffen. Auch darauf soll die Entscheidung für den Waldboden als Boden des Jahres nun aufmerksam machen.
Quelle: Johann Heinrich von Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut für Ländliche Räume, Wald und Fischerei, Technische Universität Dresden