Wenn wir Menschen gemeinsam Musik machen, gleichen sich beim harmonischen Zusammenspiel auch unser Herzschlag und unsere Hirnwellen an. Ähnliches haben Biologen nun auch bei Vögeln nachgewiesen. Wenn Pärchen der in Afrika heimischen Mahaliweber im Duett singen, stimmen sie nicht nur ihre Töne sekundengenau aufeinander ab – auch ihre Gehirnaktivität synchronisiert sich, wie die Wissenschaftler bei einer aufwändigen Freilandstudie herausfanden.
Im Duett zu spielen oder zu singen erfordert einiges an geistiger Leistung. Denn die Musizierenden müssen dabei nicht nur ihre eigenen Bewegungen und Lautäußerungen kontrollieren, sondern sich auch möglichst präzise mit dem Partner abstimmen – und dies ohne Worte. Schon vor einigen Jahren haben Wissenschaftler festgestellt, dass sich bei diesem gemeinsamen Musizieren die Hirnaktivität der Teilnehmer sehr schnell aneinander angleicht. Diese Synchronizität ist jedoch nicht bloß auf gleiche Bewegungen oder Gesangsaktionen zurückzuführen, sondern geht darüber hinaus.
Beim Duett ins Gehirn geblickt
Wie aber ist dies bei Vögeln? Auch sie sind Meister im gemeinsamen Singen. Was jedoch beim Duett in ihrem Gehirn vorgeht, war bislang unbekannt. Einer der Gründe dafür: Zwar singen viele Vögel als Rivalen gegeneinander an oder locken Partner mit ihrem Gesang herbei. Echte Duette jedoch gibt es im Vogelreich selten. Eine der wenigen Vogelarten, die diesen Zweigesang praktizieren, sind die im südlichen und östlichen Afrika heimischen Mahaliweber (Plocepasser mahali). Diese Webervögel leben in kleinen Gruppen zusammen, die von einem dominanten Paar angeführt werden. Dieses ist es auch, das durch Duettgesänge ihr Revier gegen rivalisierende Gruppen verteidigt.
Um herauszufinden, was beim Duettsingen im Gehirn dieser Vögel geschieht, haben Susanne Hoffmann vom Max-Planck-Institut für Ornithologie in Seewiesen und ihr Team eine aufwändige Freilandstudie durchgeführt. “Mahaliweber können ihre komplexe Sozialstruktur nicht im Labor entwickeln, daher konnten wir die Mechanismen des Duettgesangs nur im natürlichen Lebensraum der Vögel untersuchen”, erklärt Hoffmanns Kollegin Cornelia Voigt. Für die Studie rüsteten die Wissenschaftler vorübergehend eingefangene Mahaliweber mit kleinen, auf den Rücken geschnallten Mikrofonsendern aus. Zusätzlich bekamen die Tiere ein winziges Elektrodenimplantat, das ihre Hirnwellen übermittelte. Dann wurden die Vögel wieder freigelassen.
Perfekt synchronisiert
Die Analysen der übermittelten Daten ergaben: Meist begannen die Männchen mit dem Gesang, das Weibchen fiel nach einigen Silben ein. Dann folgten sehr rasch aufeinander und perfekt abgestimmt die Duett-Silben des Paares. Nach wenigen Gesangssilben wechselten sich die beiden Partner mit einer Genauigkeit von einer Viertelsekunde beim Singen ab. Diese Anpassung hat jedoch auch Grenzen, wie Tests mit einer schneller oder langsamer zurückgespielten Aufnahme nur einer Duettstimme zeigten: Sang der vermeintliche Partner nicht im richtigen Tempo, konnte der Mitsänger seine Gesangsteile zeitlich nicht auf ihn abstimmen – das Duett scheiterte.
Der Beginn des Duetts zeigt sich dabei auch deutlich im Gehirn der Vögel: “Die neuronalen Signale des Männchens und Weibchens waren während des Wechselgesangs stark aneinander angeglichen”, berichten Hoffmann und ihr Team. Mit dem Stimmeinsatz des Partners änderte sich die Aktivität der Nervenzellen im Gehirn des bereits singenden Vogels und synchronisierte sich zeitlich mit dem Partner. Interessant jedoch: Obwohl das Hören des Partners ganz offensichtlich diese Synchronisation bewirkte, ließ sich an der Hirnaktivität nicht feststellen, auf welche Weise dies geschieht. “Wir beobachteten, dass die akustische Information der Partnergesangssilben keine auditorische Reaktion hervorrief, aber dennoch eine Veränderung in der Vokalisationsrate des zuerst singenden Vogels auftrat”, berichten die Forscher. Sie vermuten, dass die Hörinformation direkt in das Gesangszentrum des Vogels eingespeist wird und dort die Synchronisation reguliert.
Quelle: Max-Planck-Gesellschaft; Fachartikel: Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-019-10593-3