Sie fressen Vorräte, übertragen Krankheitserreger und sind schlicht ekelerregend: Küchenschaben sind der Inbegriff scheußlichen Ungeziefers. Im Kampf gegen die lästigen Insekten wird seit den 1980er Jahren die Vorliebe der Schaben für Süßes ausgenutzt: Zuckerhaltige Gift-Köder sollen den verhassten Krabblern den Garaus machen. Doch diese Bekämpfungsmaßnahme begann nach und nach ihren Effekt zu verlieren. Eine Studie von US-Forschern erklärt nun warum: Zucker schmeckt demnach für bestimmte Schaben bitter und sie meiden ihn und damit auch die Köder. Das gibt ihnen einen Überlebensvorteil und dadurch vermehren sich vornehmlich die Schaben mit einer Aversion gegen Süßes.
Wie andere Insekten auch, nutzen Schaben winzige Haar-ähnliche Wahrnehmungsorgane auf ihren Fühlern, um Geschmack zu erfassen. Einige dieser Sensoren werden durch Zucker aktiviert, andere dagegen durch Bitterstoffe. Bei herkömmlichen Schaben löst süßer Geschmack einen Fressreiz aus, bitter mögen sie dagegen nicht und sie meiden entsprechende Futtermittel. Nach der Einführung der süßen Giftköder als Bekämpfungsmaßnahme gegen Schaben tauchten allerdings Exemplare der Insekten auf, die dieses Verhalten nicht mehr zeigten: Ihnen war der Appetit auf Süßes gleichsam vergangen sie mieden Zucker und damit auch die Köder. Die Forscher um Ayako Wada-Katsumata von der North Carolina State University wollten nun herausfinden, was die Grundlage dieser Verhaltensänderung ist.
Bittere Süße
Die Forscher rückten den Insekten mit moderner Technik zu Leibe: Sie erfassten mit feinen Geräten die Nervenreize, die durch Geschmacksstoffe in den Fühlern ausgelöst werden. Sie konnten dadurch zeigen, dass bei den Schaben mit Abneigung gegen Süßes die Bitterrezeptoren aktiviert werden, wenn sie in Kontakt mit Zucker kommen. Gleichzeitig wird die Reaktion der Zuckerrezeptoren gehemmt. Dies löst ein starkes Aversions-Verhalten aus, berichten die Forscher. Das konnten sie durch weitere Experimente auch eindrucksvoll belegen: Sie spritzten einigen Insekten Zuckerlösungen direkt ins Maul. Herkömmliche Schaben schlucken diesen Saft gierig hinunter, ihre Kollegen mit der Zucker-Unlust spuckten die Lösung dagegen vehement aus.
Den Forschern zufolge zeigen ihre Ergebnisse, wie enorm anpassungsfähig sogar das Wahrnehmungssystem von Schaben sein kann. Normalerweise basiert das Versagen von Bekämpfungsmaßnahmen auf der Ausbildung von Resistenzen gegenüber dem eingesetzten Giftstoff. In diesem Fall haben die Schaben einen alternativen Weg entwickelt: Eine genetische Variation, die zu der ungewöhnlichen Sinneswahrnehmung führt, konnte sich in der Insektenpopulation verbreiten. In weiteren Untersuchungen wollen die Forscher nun herausfinden, ob auch der Geruchssinn der Tiere Veränderungen aufweist und sie von Zuckerhaltigem fernhält.
Ayako Wada-Katsumata (North Carolina State University) et al.: Science, doi: 10.1126/science.1234854 © wissenschaft.de –
Martin Vieweg