Die Antwort weiß Hans Schipper vom Süddeutschen Klimabüro am Karlsruher Institut für Technologie: “Das Land und das Meer geben noch gespeicherte Wärmeenergie ab”, erklärt der Meteorologe. “Erst wenn diese Wärmequellen aufgebraucht sind, kommen die niedrigsten Durchschnittstemperaturen des Jahres”. Der wichtigste Faktor ist dabei der wärmende Effekt des Atlantiks: Die gewaltigen Wassermassen haben sich im Sommerhalbjahr stark erwärmt und wirken dann wie eine gewaltige Wärmflasche im Herbst und Winter. Dadurch verschiebt sich die kälteste Zeit des Jahres in den Januar.
“Die Höchstwerte des Sommerhalbjahres sind ebenfalls hinter die Sommersonnenwende verschoben”, sagt der Klimaforscher. Auch in diesem Fall fällt die stärkste Sonneneinstrahlung nicht mit den höchsten Temperaturen zusammen: Erst im Juli und August kommt die durchschnittlich heißeste Periode des Jahres, obwohl die Sonne um den 21. Juni am höchsten steht. Der Atlantik hat im Sommerhalbjahr den gegenteiligen Effekt im Vergleich zum Winterhalbjahr: Die Wassermassen haben sich im Winter stark abgekühlt und schlucken dann im Frühjahr erst einmal einen Großteil der Strahlungsenergie. Deshalb sind Mai und Juni im statistischen Mittel deutlich kühler als Juli und August. Erst in diesen Monaten hat sich das Meer ausreichend erwärmt und die Sonne steht noch hoch genug, um die Atmosphäre weiter aufzuheizen.
Verzögerte Kälte- und Wärmeperioden
“Der Großteil Europas wird von diesem so genannten Seeklima bestimmt”, sagt Schipper. Der Atlantik wirkt hier wie ein Puffer und gleicht das Klima aus. Die Sommer sind dadurch weniger heiß und die Winter nur mäßig kalt. Je größer die Entfernung vom Meer, desto geringer fällt dieser Effekt aus. Beim so genannten kontinentalen Klima rücken dann schließlich auch die Maximalwerte des Jahres näher an die Sonnenwenden heran. Das Land muss sich zwar auch erst aufheizen, das geht aber schneller als beim Meer. Deshalb beginnt die eisige Zeit beispielsweise im Osten Russland schon deutlich früher als in Deutschland.
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