Für die Bildung der ersten Lebewesen auf unserem Planeten mussten Grundbausteine vorliegen – doch wie könnten sie entstanden sein? Aus einer experimentellen Studie geht nun hervor, dass sich Vorläufer biologischer Moleküle durch den Einfluss von Eisenpartikeln aus Meteoriten und Vulkanasche gebildet haben könnten. Unter den möglichen atmosphärischen Bedingungen der jungen Erde wirkte das Metall demnach als Katalysator für die Umwandlung von Kohlendioxid in biologisch relevante Substanzen. Der Prozess könnte erheblich zum Entstehungspotenzial der ersten Organismen beigetragen haben, sagen die Forscher.
Es ist eine der grundlegendsten Fragen der Wissenschaft: Wie entstanden auf der Erde die ersten zellähnlichen Strukturen, die sich schließlich selbst replizierten und dann immer komplexere Formen annahmen? Nach derzeitigem Kenntnisstand begann die Entwicklung des Lebens wohl schon erstaunlich früh auf dem noch jungen Planeten. Die Grundlage bildeten dabei organische Moleküle, die als Bausteine für die ersten Organismen dienen konnten. Frühere Untersuchungen deuten darauf hin, dass die Vorläufer dieser Substanzen möglicherweise von Asteroiden geliefert oder durch bestimmte Reaktionen auf der jungen Erde entstanden sind. Doch noch immer gibt es viele offene Fragen zu den möglichen Mechanismen.
Hinweise aus der chemischen Industrie
Die Inspiration für die aktuelle Studie zu diesem Thema kam aus der industriellen Chemie, berichtet Seniorautor Oliver Trapp von der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU). Konkret fragte er sich, ob das sogenannte Fischer-Tropsch-Verfahren eine Entsprechung in der Kohlendioxid-reichen Erdatmosphäre vor etwa 4,4 Milliarden Jahren gehabt haben könnte. Bei diesem Verfahren werden mithilfe von metallischen Katalysatoren aus Kohlenmonoxid und Wasserstoff Kohlenwasserstoffe hergestellt. So richtete sich der fragende Blick auf Eisenpartikel aus Meteoriten oder Vulkanasche, die als Katalysatoren gewirkt haben könnten. Es handelt sich dabei um Stoffe, die bestimmte chemische Reaktionen beschleunigen, die aber bei den Prozessen nicht verbraucht werden.
„Als ich mir die chemische Zusammensetzung des Campo-del-Cielo-Eisenmeteoriten ansah, war mir klar, dass er einen perfekten Fischer-Tropsch-Katalysator darstellen könnte“, sagt Trapp. Als eine weitere mögliche Trägersubstanz für das katalytisch wirkende Metall kam zudem Vulkanasche infrage. „In der Atmosphäre und auf den ersten Landmassen der Erde hätte es reichlich feine Aschepartikel geben müssen“, sagt Co-Autor Dmitry Semenov vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg. Mit der experimentellen Untersuchung der möglichen Prozesse befasste sich dann die Erst-Autorin der Studie, Sophia Peters von der LMU. Als Testmaterialien dienten ihr Proben von Meteoriten sowie eisenhaltige Vulkanasche vom Ätna. Die Testsubstanzen wurden auf relevante Größen zermahlen und mit verschiedenen Mineralien als Trägersubstanz vermischt. Das jeweilige Substrat wurde dann in eine Druckkammer gebracht, die überwiegend mit Kohlendioxid, aber auch mit etwas Wasserstoff gefüllt war, um die Atmosphäre der frühen Erde zu simulieren. Sowohl das Mischungsverhältnis, als auch der Druck und die Temperatur wurden von Versuch zu Versuch variiert.
Bildung organischer Moleküle katalysiert
Wie das Team berichtet, ergaben die analytischen Untersuchungen der Reaktionsprodukte: Dank des Eisenkatalysators aus dem Meteoriten- und dem Aschematerial entstanden organische Verbindungen in beträchtlichen Mengen: Methanol, Ethanol, Acetaldehyd und Formaldehyd. Insbesondere die beiden letzteren Substanzen sind als wichtige Bausteine für Fettsäuren, Nukleobasen (Genetik), Zuckersubstanzen und Aminosäuren bekannt, heben die Wissenschaftler hervor.
Es zeigte sich außerdem, dass diese Reaktionen bei einem breiten Spektrum von Druck- und Temperaturbedingungen erfolgreich abliefen. „Da es viele verschiedene Möglichkeiten für die Eigenschaften der frühen Erde gibt, habe ich versucht, jedes mögliche Szenario experimentell zu testen“, sagt Perters. Die Tatsache, dass sich die organischen Moleküle unter so unterschiedlichen Bedingungen bildeten, ist ein starkes Indiz dafür, dass sich solche Reaktionen auf der frühen Erde abgespielt haben könnten, sagen die Wissenschaftler.
Damit zeichnet sich nun ein weiterer Mechanismus ab, der einst neben anderen zum materiellen Grundpotenzial für die Entstehung von Organismen beigetragen haben könnte, resümiert das Team. Zu den bisher möglichen Quellen der molekularen Lebensbausteine gehören Hydrothermalquellen am Meeresboden, elektrische Entladungen in der Atmosphäre sowie der Antransport von organischen Verbindungen durch Himmelskörper aus dem Weltraum. Zukünftige Untersuchungen könnten nun genauer der Frage nachgehen, welcher der verschiedenen Mechanismen unter realistischen Bedingungen die höchste Ausbeute an Bausteinen geliefert haben könnte, sagen die Forscher.
Quelle: Max-Planck-Institut für Astronomie, Fachartikel: Scientific Reports, doi: 10.1038/s41598-023-33741-8