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Unser Plastikmüll landet auch in der Arktis

Erde|Umwelt

Unser Plastikmüll landet auch in der Arktis
Plastikmüll
Auf Spitzbergen angeschwemmter Plastikmüll, sortiert nach Herkunftsland © J. Hagemann

Plastikmüll verschmutzt die Meere und findet sich selbst in vermeintlich unberührten Teilen der Arktis. Woher diese Kunststoffabfälle stammen, haben Wissenschaftlerinnen nun auf Spitzbergen mithilfe eines Citizen-Science-Projekts untersucht, bei dem Freiwillige mehr als 1600 Kilogramm Plastikmüll an 16 arktischen Stränden einsammelten. Es zeigte sich, dass Fischerei-Überreste wie Netze und Taue zwar den größten Massenanteil ausmachten, die meisten Einzelteile stammten aber aus Verpackungsmüll. Ein Drittel dieses Mülls stammte aus Europa, acht Prozent waren aus Deutschland, wie die Forscherinnen ermittelten. Immerhin fünf Prozent dieser Plastikteile kamen sogar aus weit entfernten Ländern wie Brasilen, China oder den USA.

Ob Plastiktüten, PET-Flaschen, Kunststoffnetze, Kleinteile oder Mikroplastik: Plastikmüll ist ein globales Problem, das auch entlegene Regionen unseres Planeten nicht verschont. Als Folge finden sich Kunststoffreste inzwischen schon in Böden, Ozeanen, Flüssen und Seen, selbst die Tiefsee und die Polarregionen sind nicht mehr plastikfrei. Ein Teil des Plastikmülls im Ozean stammt aus der Fischerei, ein anderer gelangt über Abwasser und die Flüsse ins Meer. Das Problem: Weil die stabilen Polymere des Kunststoffs kaum biologisch abbaubar sind und selbst Salzwasser und der UV-Strahlung der Sonne lange standhalten, kann das Plastik im Ozean Jahrzehnte, vielleicht sogar Jahrhunderte überdauern. Die Meeresströmungen verteilen diesen Zivilisationsmüll überall hin und treiben sie teilweise zu gigantischen schwimmenden Müllstrudeln zusammen.

Plastiksammeln auf Spitzbergen

Woher der im arktischen Meer treibende und an den Stränden des hohen Nordens angeschwemmte Plastikmüll stammt, hat nun ein Forschungsteam um Anna Natalie Meyer vom Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung (AWI) in Bremerhaven im Rahmen eines Citizen-Science-Projekts auf Spitzbergen untersucht. Teilnehmende von Arktisreisen haben dort über fünf Jahre hinweg angeschwemmten Plastikmüll an 16 Stränden fotografiert, eingesammelt und in Teilen oder komplett ans AWI geschickt. Zwischen 2016 und 2021 kamen so 23.000 Teile mit einem Gesamtgewicht von 1.620 Kilogramm zusammen. Der in Bezug auf die Masse größte Anteil dieses Plastikmülls stammte aus der Fischerei oder Schifffahrt. Dabei handelte es sich unter anderem um Teile von Netzen, Kunststoffseile, Plastikkanister und diverse andere Behälter. Deutlich häufiger waren aber kleinere, leichtere Kunststoffteile, die zum klassischen Verpackungs- und Plastikmüll gehörten. Sie machten 80 Prozent der Funde aus, wie das Team berichtet.

„Wir haben untersucht, woher genau der Müll kommt, der noch Herkunftsdaten aufweist“, erklärt Seniorautorin Melanie Bergmann vom AWI. Bei etwa einem Prozent der auf Spitzbergen angeschwemmten und eingesammelten Plastikreste konnte man noch Aufschriften oder Einprägungen erkennen, die Rückschlüsse auf die Herkunft erlaubten. „Aus Messkampagnen und Computermodellen wissen wir, dass es für die Plastikverschmutzung in der Arktis lokale und ferne Quellen gibt“, sagt Meyer. „Von Schiffen und aus arktischen Siedlungen gelangt lokal Plastikmüll ins Meer.” Dies spiegelte sich in den Funden wieder: Knapp 50 Prozent trugen Aufschriften in einer skandinavischen Sprache oder Russisch. Rund ein Drittel der Funde stammten jedoch aus weiter südlich liegenden Gebieten, vor allem aus Europa. “Aus der Ferne wird Plastikmüll und Mikroplastik über zahlreiche Flüsse und über Ozeanströmungen aus dem Atlantik, der Nordsee und dem Nordpazifik in den Arktischen Ozean transportiert“ , erklärt Meyer.

Kunststoffmüll auch aus Deutschland

Auch Plastikmüll aus Deutschland hat seinen Weg in den hohen Norden gefunden, er machte rund acht Prozent der Funde aus. „Vor dem Hintergrund, dass Deutschland Europameister sowohl in der Plastik-Produktion als auch in Müllexporten ist, erscheint dieser verhältnismäßig hohe Beitrag weniger verwunderlich“, sagt Bergmann. Die teilweise noch entzifferbaren Daten auf den Abfällen verrieten, dass diese Kunststoffteile fast alle schon lange im Meer unterwegs waren. Der älteste Fund war eine norwegische Plastikflasche aus den 1960er Jahren, der jüngste ein Schuh aus dem Jahr 2013. Und auch einige besonders weitgereiste Plastikabfälle konnten die Forscherinnen anhand der Aufdrucke identifizieren: Insgesamt fünf Prozent der Funde kamen aus entfernten Regionen, darunter jeweils vier Funde aus den USA und China, einige weitere aus Brasilien und Südostasien.

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Nach Ansicht der Wissenschaftlerinnen bestätigt dies erneut, dass Plastikmüll ein globales Problem ist – und dass dringend mehr getan werden muss, um diese Umweltverschmutzung einzudämmen. „Unsere Ergebnisse verdeutlichen, dass selbst reiche und umweltbewusste Industrienationen wie Deutschland, die sich ein besseres Abfallmanagement leisten könnten, signifikant zur Verschmutzung ferner Ökosysteme wie der Arktis beitragen“, sagt Bergmann. „Um das Problem wirkungsvoll anzugehen, muss deshalb nicht nur das Abfallmanagement vor Ort – insbesondere auf Schiffen und in der Fischerei – verbessert werden. Mindestens genauso wichtig ist die massive Reduktion der globalen Plastikproduktion, insbesondere in den Industrienationen Europas, Nordamerikas und Asiens.”

Quelle: Anna Natalie Meyer (Alfred-Wegener-Institut, Helmholtz-Zentrum für Polar- und Meeresforschung, Bremerhaven) et al., Frontiers in Marine Science, doi: 10.3389/fmars.2023.1092939

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