Das Erbgut eines Ungeborenen beeinflusst den Fettabbau im Körper der Mutter. Zu diesem Ergebnis kommt eine belgische Forschergruppe in einer Studie an über 500 Schwangeren. Demnach können bestimmte Gene des Kindes für ein Absinken des mütterlichen Lipoproteinspiegels sorgen. Dadurch wird gesundheitlichen Komplikationen wie Präklampsie oder einer Entzündung der Bauchspeicheldrüse vorgebeugt.
Lipoproteine sind Komplexe aus Fetten wie Cholesterin oder
Triglyceriden und Proteinen, so genannten Apolipoproteinen. Nur in dieser Verpackung können die wasserunlöslichen Lipide im wässrigen Blut transportiert werden. Die belgischen Forscher konzentrierten sich auf zwei bestimmte Proteine, die für den Fettstoffwechsel wichtig sind und bei Schwangeren in großer Menge vorkommen: Lipoprotein-Lipase und Apolipoprotein E. Dazu untersuchten sie beide Proteine und die dazugehörigen Gene im mütterlichen Blut und in der Plazenta. Da der Mutterkuchen ebenso wie der Fötus aus der befruchteten Eizelle entsteht, besitzen beide dasselbe Erbmaterial.
Für beide untersuchten Proteine gibt es mehrere Genvarianten, welche die Konzentrationen an Triglyceriden und Cholesterin beeinflussen. Traten diese so genannten Polymorphismen bei Ungeborenen auf, zeigten sie die gleich starke Wirkung auf den mütterlichen Lipidspiegel, als wenn sie im Erbgut der Frau vorhanden waren.
Kamen aber dieselben Polymorphismen sowohl bei der Mutter als auch beim Kind vor, ergab sich in einigen Fällen ein für die Forscher überraschender Effekt: Beispielsweise gibt es bestimmte Genvarianten, die eine Erhöhung des Lipidspiegels bewirken, wenn sie im mütterlichen Körper aktiv sind. Werden dieselben Polymorphismen aber zugleich auch beim Fötus in die entsprechende Proteinform umgesetzt, kann es zu einem Absinken der Fettwerte im Blut der Schwangeren kommen.
Dieses Ergebnis könnte eine große Bedeutung für Frauen haben, denen Ärzte aufgrund genetischer Defekte im Fettstoffwechsel von einer Schwangerschaft abraten. Da das Ungeborene diese Defekte kompensieren kann, könnten diese Frauen möglicherweise dennoch ohne Komplikationen ein Kind zur Welt bringen.
Olivier Descamps ( Katholische Universität von Louvain, Brüssel) et al.: Journal of Lipid Research (Bd. 46, S. 2405) ddp/wissenschaft.de ? Martina Feichter