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Unerwartetes Allergiepotenzial

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Unerwartetes Allergiepotenzial
Chitin kann allergische Reaktionen auslösen: Das Biopolymer, Hauptbestandteil von Insektenpanzern, Krebsschalen und den Zellwänden von Pilzen, verursacht in den Lungen von Mäusen Entzündungsreaktionen, wie sie typisch für Allergien sind, haben amerikanische Forscher entdeckt. Gleichzeitig löst es ein Selbstverteidigungsprogramm des Körpers aus ? er bildet ein Enzym, das Chitin abbauen und so den Allergieauslöser beseitigen kann. Die Wissenschaftler vermuten, dass es einen ähnlichen Zusammenhang auch beim Menschen gibt und Chitin eines der wesentlichen Allergene etwa bei Schimmelpilzallergien sein könnte. Die Effizienz des chitinabbauenden Enzyms wäre dann ein entscheidender Faktor für die Anfälligkeit für Allergien, so die Forscher.

Angestoßen wurde die Studie von Tiffany Reese und ihren Kollegen durch die Beobachtung, dass mit Darmwürmern infizierte Mäuse Entzündungen entwickeln, die stark an allergische Reaktionen erinnern. Da die Mundwerkzeuge und auch die Eierschalen dieser Würmer aus Chitin bestehen, lag die Vermutung nahe, dass das Biopolymer der eigentliche Auslöser dieser Reaktionen sein könnte ? und tatsächlich: Der Kontakt mit Chitin reichte aus, um in den Atemwegen und der Bauchhöhle der Tiere die Entzündungen hervorzurufen.

Dabei wurde jedoch nicht nur wie bei anderen Entzündungen das Immunsystem aktiviert, beobachteten die Forscher. Zusätzlich stieg in den Zellen der Lunge auch die Produktion eines Enzyms namens Chitinase an, eines Biokatalysators, der Chitin zersetzen kann. Offenbar löst die Immunantwort bei Kontakt mit Chitin die Enzymbildung aus, um die Menge des Allergens zu reduzieren und damit eine überschießende Immunreaktion zu vermeiden, schließen die Wissenschaftler. Auch beim Menschen gibt es derartige Enzyme ? interessanterweise in mehreren Varianten, die unterschiedlich effizient beim Abbau von Chitin sind. Die Forscher vermuten daher, dass Menschen mit einer wenig aktiven Form des Enzyms auch häufiger unter Asthma leiden, weil ihre Lunge eingeatmetes Chitin nicht beseitigen kann.

Ob Chitin beim Menschen jedoch tatsächlich Allergien und Asthma auslöst, muss erst noch gezeigt werden. Hinweise darauf gebe es jedoch, so die Wissenschaftler. So leiden etwa Arbeiter in Fabriken, in denen Krabben und Krebse von ihren Chitinschalen befreit werden, überdurchschnittlich häufig an Asthma. Richard Locksley, einer der beteiligten Forscher, ist von dem Zusammenhang so überzeugt, dass er Chitin sogar für hauptverantwortlich für den Anstieg der Allergien in den letzten Jahren hält: Mit der allgemeinen Verminderung von Mikroorganismen in der Umwelt seien auch die Mikroben verschwunden, die das Chitin von Schimmelpilzen oder Insektenüberresten abbauen, wodurch der Chitingehalt der Luft gestiegen sei.

Tiffany Reese (University of California, San Francisco) et al. Nature, Online-Vorabveröffentlichung, DOI: 10.1038/nature05746 ddp/wissenschaft.de ? Ilka Lehnen-Beyel
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