Die durch Krankheiten wie BSE und Creutzfeldt-Jakob in Verruf geratenen Prionen haben auch eine wichtige Funktion im Körper: Sie sind Schlüsselstoffe für das Riechen und das Unterscheiden von Gerüchen. Das haben amerikanische Forscher um Stuart Firestein von der Columbia-Universität in New York bei Versuchen mit Mäusen herausgefunden. Sie schalteten bei den Nagern bestimmte Gene aus, so dass in den Riechkolben und den geruchsverarbeitenden Regionen des Gehirns keine Prionen gebildet wurden. Daraufhin vermochten die Mäuse zwar noch rudimentär zu riechen, sie konnten über den Duft aber kaum noch leckere Kekse finden, sagen die Forscher.
Wenn das in den Nerven und im Gehirn vorkommende zelluläre Prion-Eiweiß in seine krankhafte Form umklappt, kann dies zum Rinderwahnsinn BSE, zu
Scrapie beim Schaf und zur Creutzfeldt-Jakob-Krankheit beim Menschen führen. Wissenschaftler sind aber überzeugt, dass dieses Prion in seiner gutartigen Form auch andere, vermutlich positive und stabilisierende Funktionen im Körper haben muss. So haben Forscher beispielsweise das zelluläre Prion-Eiweiß mit der inneren Uhr des Menschen, dem Schlafverhalten und dem räumlichen Sehen in Verbindung gebracht.
Stuart Firestein und seine Kollegen deaktivierten gezielt die Gene von Mäusen, die für die Prionherstellung in den Riechanlagen zuständig sind. Diese sogenannten Knockout-Mäuse hatten dann keine Prionen in den fürs Riechen zuständigen Gehirnpartien mehr. Bei Riechversuchen schnitten diese Mäuse deutlich schlechter ab als normale Artgenossen. Während normale Mäuse rund 70 Sekunden benötigten, um einen Keks aufzustöbern, dauerte es bei den Knockout-Mäusen mehr als dreimal so lange. Manche fanden den Keks überhaupt nicht. Die Kekse waren im lockeren Käfigboden vergraben, so dass die Mäuse ihrer Nase folgen mussten.
In weiteren Versuchen verglichen die Forscher Knockout-Mäuse ohne Prionen im Riechsystem mit Verwandten, deren Prionen-Produktion über einen genetischen Schalter wieder angekurbelt werden konnte. Diese Reaktivierung der Prionen ermöglichte den Mäusen wieder ein deutlich besseres Riechen. Die Forscher sehen es daher als erwiesen an, dass die Prionen eine große Rolle für den Geruchssinn spielen. Damit haben sie eine von vermutlich mehreren Funktionen des Prions gefunden. Inwieweit ihre Erkenntnis auch für die Untersuchung von Prionenkrankheiten wie BSE weiterhelfen kann, können sie allerdings noch nicht sagen.
Stuart Firestein (Columbia-Universität, New York) et al.: Nature Neuroscience, Online-Vorabveröffentlichung, DOI 10.1038/nn.2238 ddp/wissenschaft.de ? Martin Schäfer