Wann ist ein Mann ein Mann? Mit Sicherheit wird er einer durch Testosteron. Das Hormon, das vor allem in den Hoden gebildet wird, sorgt bei Männern für die Entwicklung der sekundären Geschlechtsmerkmale, lässt die Muskeln wachsen und treibt die Produktion von Spermien an. Ebenso steigert es die Libido. Gerade deshalb nutzen Mediziner das Hormon für Therapien bei diversen Sexualstörungen, wie Problemen mit der Erektion oder dem Samenerguss.
Allerdings verzeichnen Forscher nicht in jedem Fall einen positiven Therapieeffekt. Wirkung zeigte eine solche Behandlung jedoch bei Männern über 65 Jahren, die einen niedrigen Testosteron-Spiegel im Blut aufweisen, so das Ergebnis einer Studie: Die Patienten bekamen mehr Lust auf Sex, hatten zudem öfter Geschlechtsverkehr, masturbierten häufiger und bemerkten, dass nachts ihr Penis erigierte.
Wenig Testosteron, geringe Libido
Für die Studie untersuchten Wissenschaftler des Baylor College of Medicine und dem Baylor St. Luke‘s Medical Center in Houston 470 Männer. Über ein Jahr lang verabreichten die Forscher einem Teil der Gruppe Testosteron, das als Gel auf die Haut gestrichen wurde. Den übrigen Versuchsteilnehmern trugen die Mediziner ein Placebo-Präparat auf. Parallel analysierten sie die Blutwerte und dokumentierten das Sexualverhalten der Probanden mithilfe von Fragebögen.
“Unsere Ergebnisse zeigen, dass wenig Testosteron zu einer verminderten Libido und zu Erektionsstörungen bei älteren Männern beiträgt”, sagt Studienleiter Glenn R. Cunningham. “Wenn Männer diese Symptome bei sich feststellen, sollten sie auf Testosteron-Mangel getestet werden.” Ob die Hormon-Behandlung auch bei jüngeren Männern eine stete Verbesserung der sexuellen Aktivität bringt, prüfte die Studie nicht ab.
Kaum Wirkung bei jüngeren Männern?
Eine ähnliche Studie führten allerdings vergangenes Jahr Darius Paduch und seine Kollegen vom Weill Cornell Medical College in New York durch – und kamen zu einem anderen Ergebnis. Die Endokrinologen wollten wissen, ob sich Ejakulationsstörungen – also wenn der Samenerguss zu schwach oder mit zu geringem Volumen erfolgt – mithilfe einer Testosteron-Therapie behandeln lassen. Sie trugen 76 Männern mit Ejakulationsproblemen eine Testosteron- oder ein Placebo-Lösung auf die Haut auf. Die Teilnehmer waren jüngere und ältere Männer, der jüngste davon 26 Jahre alt. Alle hatten extrem niedrige Testosteron-Werte. Nach 16 Wochen fassten die Forscher zusammen: Die Therapie zeigte im Durchschnitt auffällig wenig Wirkung.
Kein Zusammenhang zwischen Testosteron und Alter
Wie viel Testosteron Männer im Blut haben, ist aber – anders als man vermuten möchte – nicht vom Alter abhängig, wie Endokrinologen um Gary Wittert von der University of Adelaide bereits 2012 herausfanden. Sie führten an 1500 Probanden im Alter zwischen 35 und 80 Jahren Tests durch. Ihr Ergebnis nach einem Versuchszeitraum von fünf Jahren: Nicht das körperliche Alter beeinflusste die Menge an Testosteron im Blut, sondern Körpergewicht und seelischer Zustand. Hatten die Männer über die Jahre zugenommen oder eine Depression entwickelt, schwand auch das Hormon im Körper. Zudem stellten sie bei unverheirateten Männern einen stärkeren Verlust an Testosteron fest als bei verheirateten – vermutlich weil Männer in einer Beziehung glücklicher und gesünder leben. Die Hormonproduktion steigert sich aber auch durch regelmäßige sexuelle Aktivität, so Wittert und seine Kollegen.