Menschliche Zellen vermehren sich nicht durch einfache Zweiteilung, sondern entstehen aus einer kleinen Anzahl von Stammzellen. Die Stammzellen entwickeln sich in mehreren Schritten zu einer bestimmten, spezialisierten Körperzelle. Dieser Mechanismus verhindert, dass im Körper eine stetige Evolution stattfindet ? er sorgt jedoch auch dafür, dass sich keine gefährlichen Mutationen im menschlichen Erbgut anhäufen, die letztlich zu Krebs führen können. Das sagen Wissenschaftler um John Pepper von der Universität von Arizona, die die Vorgänge im menschlichen Körper mit Hilfe eines Computermodells simuliert hatten.
Wenn sich
Bakterien teilen, sammeln sich Mutationen in ihrem Erbgut an. Hilft eine Mutation, dem Bakterium in einer bestimmten Umgebung zu überleben, dann vermehren sich besonders die Bakterien, die diese Mutation tragen. Andere Bakterien vermehren sich langsamer und verschwinden schließlich aus der Population. Würden auch neue Zellen im menschlichen Körper durch einfache Zweiteilung entstehen, häuften sich auch hier immer mehr Mutationen an, erklären die Forscher. Das würde aber dazu führen, dass vor allem die Zellen überleben, die sich schnell teilen, auch wenn sie ihre eigentliche Aufgabe in ihrem Organ gar nicht mehr erfüllen.
Um das zu verhindern, hat sich im menschlichen Körper ein anderes System entwickelt: Aus einer kleinen Anzahl von Stammzellen entstehen über mehrere Vorläuferzellen die reifen Körperzellen. Zwar teilen sich die Stammzellen, allerdings nicht häufig genug, um wirklich gefährlich zu werden, erklären die Forscher. Die unterschiedlichen Vorläuferzellen dagegen vermehren sich nicht einfach durch bloße Verdoppelung, sondern entwickeln sich mit jeder Teilung ein wenig weiter. Dadurch können die Zellen nicht direkt miteinander konkurrieren, so die Wissenschaftler.
Wenn sich die Vorläuferzellen dagegen nicht mehr weiterentwickeln, sondern nur noch teilen, treten sie in Konkurrenz zueinander. Dann überleben vor allem die Zellen, die sich besonders schnell vermehren. Das könnte der erste Schritt zur Krebsentstehung sein, erklären die Forscher. Gelänge es, herauszufinden, ob irgendwo im Körper Zellen aufgehört haben, sich weiterzuentwickeln, könne man die beginnende Krebsentstehung erkennen, lange bevor sich ein sichtbarer Tumor gebildet habe.
Nature, Onlinedienst, DOI: 10.1038/news070917-11 ddp/wissenschaft.de ? Anja Basters